60 und kein bisschen leise – Judas Priest

Letzten Samstag standen mit Thin Lizzy und Judas Priest zwei Urgesteine des Rock und Metals auf der Bühne des Forum Fribourg. Dass die Herren alle schon etwas in die Jahre gekommen sind, hinderte sie allerdings nicht daran, die Rampensau nochmals richtig rauszulassen.

Bereits das zweite Mal innerhalb einer Woche fanden sich zwei Legenden ihres Fachs auf einer gemeinsamen Bühne. Am Montag traten Nazareth und Uriah Heep im Neuen Theater Spirgarten in Zürich auf (Negative White berichtete) und begeisterten die Fans. Zum Wochenende hin wurde mit Judas Priest eine etwas härtere Gangart eingeschlagen, doch vorher sorgte die irische Rockband Thin Lizzy schon mal für ausgelassene Stimmung in der Halle 1.

The Boys are back in town

Thin Lizzy wurde 1969 in Dublin gegründet und spielt seither mit einigen Unterbrüchen in häufig wechselnder Besetzung ihren eingängigen und unterhaltsamen Rock’n’Roll. Die sechs Musiker gaben im Verlauf ihres gut einstündigen Sets alle bekannten Hits zum Besten und heizten dem Publikum mit einer energiegeladenen Performance mächtig ein. Anfänglich war die Halle knapp zur Hälfte mit den typisch verhaltenen Schweizer Fans gefüllt, die sich wie üblich erst mehr fürs Bier und das Fachsimpeln mit Kollegen als für die Band interessierten. Doch spätestens nach dem Hit Whiskey in the Jar, der auf einem alten irischen Volkslied beruht und von ihrem Label 1972 gegen den Willen der Band veröffentlicht wurde, hatte Thin Lizzy die Menge im Griff. Wer in den vorderen Reihen stand, hatte gute Chancen, ein Gitarrenplektrum, welche die Jungs wie Bonbons verteilten, zu ergattern. Man hatte fast den Eindruck, sie hätten zu viele Plektra eingekauft und müssten die jetzt, beim letzten Konzert ihrer Tournee als Support-Act für Judas Priest, noch schnell ans Publikum verteilen. Den Abschluss ihres rockigen Auftritts bildete der Klassiker The Boys are Back in Town, der eigentlich an keinen Thin Lizzy-Konzert fehlen darf und vom Publikum lautstark mitgesungen wurde. Die Boys sind zwar mittlerweile erwachsen, doch noch kein bisschen leise geworden und haben es verstanden, den Hard Rock der 70er Jahre nochmals neu zu beleben.
Einziger Kritikpunkt meinerseits ist die Wahl von Marco Mendezas Hemd. Irgendwie ist das Memo, dass es keine männliche Schattierung von Pink gibt, an ihm vorübergegangen. Nun ja, es hat zusammen mit dem grandiosen Licht auf der Bühne sicher für das eine oder andere lustige Foto gesorgt.

Living After Midnight… and beyond

Mit Judas Priest trat gegen halb Neun einer der Vorreiter der New Wave of British Heavy Metal vors Publikum und legte mit Rapid Fire gleich kräftig los. War Rob Halfords Stimme anfänglich noch etwas zu leise abgemischt, änderte sich dies rasch und spätestens nach dem dritten Song (Heading out to the Highway) war der Sound zumindest im mittleren Bereich des Zuschauerraums tadellos. Leider war der Raum weit breiter als tief und so mussten sich diverse Fans mit nicht ganz so guten Klangverhältnissen auf den Seiten zufrieden geben. Allerdings muss man an dieser Stelle erwähnen, dass dies Jammern auf hohem Niveau ist, denn auch an den Randgebieten des Raums war der Sound immer noch besser als an manch anderen Konzerten an den besten Stellen des Raums. Das gut zweieinhalbstündige Set umfasste viele der grössten Hits aus der fast 40-jährigen Bandgeschichte. So durften Klassiker wie Turbo Lover genauso wenig fehlen wie Painkiller oder Nightcrawler.

Zum gut zusammengestellten Set leisteten die Lichttechniker grandiose Arbeit und kaum einer der anwesenden Fotografen hätte nicht am liebsten seine Kamera nochmals ausgepackt und den Fotograben gestürmt um die geniale Atmosphäre beim Joan Baez Cover Diamonds & Rust, welche durch den geschickten Einsatz von Bodennebel und stimmmungsvollem blauen Licht erzeugt wurde, einzufangen. Weitere Eyecatcher waren der effektive Einsatz von Lasern und die mittlerweile schon fast legendäre Einfahrt der Harley zu Hell Bent For Leather, komplett mit Schweizerfahne als Cape von Halford.

Dass Judas Priest sich auf ihre Fans verlassen können, wissen sie, und haben dies dadurch zur Schau gestellt, dass sie ihren Hymne Breaking The Law komplett vom Publikum singen liessen. Etwas zu früh für den Song, aber dennoch passend zum Konzert, wurde gegen 23 Uhr mit Living After Midnight der letzte Song angestimmt. Das Publikum wurde jedoch mit den verheissungsvollen Worten: «We’ll see you all again real soon!» in die Nacht entlassen. Da die Epitaph-Tour ihre letzte Welttournee darstellen soll, darf man gespannt sein, was uns in Zukunft noch von der Insel erreichen wird.

Für die Fans beider Bands war es ein mehr als gelungener Abend und man kam nicht darum herum, die Ausdauer des mittlerweile 60-jährigen Rob Halford, der nicht zu Unrecht als einer der weltbesten Screamer gilt, zu bewundern. Zweieinhalb Stunden tigerte er in schweren Stiefeln und Lederkluft über die Bühne  und schmetterte Song um Song in die Menge. Auch wenn seine Stimme durchs Alter von ehemals annähernd sechs Oktaven auf vier zusammengeschrumpft ist, hat sie, vor allem durch die Verstärkung in den tieferen Lagen, nichts von ihrer Wirkung verloren.

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