Bei Dermot Kennedy sorgt das Publikum für Ruhe im Saal

Bild: Michelle Brügger

Wer bei Balladen quatscht, hat am Konzert im ausverkauften X-Tra schlechte Karten und wird zurechtgewiesen. Nicht vom Künstler, sondern aus dem Publikum. Gut so.

Oft steht er mit geschlossenen Augen da, versunken in seiner Musik und den damit verbundenen Erlebnissen aus seinem Leben. Man hört den damit verknüpften Schmerz respektive die Freude in Dermot Kennedys Stimme.

Bis heute ist es mir ein Rätsel, weshalb man gutes Geld für ein Livekonzert ausgibt, um sich dann während der Performance durchgehend um die Planung des nächsten Festes zu kümmern oder den neusten Gossip über die aktuelle Flamme austauschen will.

Vor allem dann nicht, wenn der Künstler auf der Bühne gerade erklärt hat, weshalb ihm der folgende Track so viel bedeutet. Den Song sollten so viele Menschen wie möglich hören, ein wichtiger Teil seines Weges werden. Das Lied steht für seine Vorstellung von Sicherheit und Trost in schweren Zeiten. Es beschreibt den Ort, wo er sein möchte, der sein Leben in diesen Situationen einfacher werden lässt. Die Menschen, die er dann um sich haben möchte. Das treffe für alle zu, ob das nun ein Ort oder eine Person sei, die diese Quelle an Trost darstellt.

Dermot Kennedy im X-Tra
Bild: Michelle Brügger

Bei For Island Fires and Family scheint Dermot Kennedy noch tiefer in seine Emotionen einzutauchen und singt mit leiser, sanfter Stimme, in der man Trauer und Verlust heraushören kann. Ein ruhiger Song, nur begleitet auf seiner Akustik-Gitarre. Im hinteren Teil wird munter weitergeplappert. Zumindest, bis nach den ersten eher mässig erfolgreichen «Schhhhhhhhhhhhhht!» ein relativ lautstarkes «RUEH!!!» durch den Raum hallt. Stille im Saal, die ganze Aufmerksamkeit richtet sich auf die Bühne. 

Tiefgründige Texte mit Gänsehautfaktor

Seine Lieder berühren mich auf einem Level, das meine Augen feucht werden lässt. Kleine Tränen der Sehnsucht, emotional aufgewühlt und gleichzeitig tief entspannt, glücklich. Unabhängig davon, ob er gerade eine Ballade oder beschwingte Melodie mit Trap-Elementen wie Hi-Hats oder tiefen Bassdrums spielt. Immer wieder schwingt mein ganzer Körper im Rhythmus der Musik mit, ich schliesse für einen kurzen Moment meine Lider und lächle. Was löst er mit seinen Texten bloss in mir aus?

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Dermot Kennedys Lieder sind autobiographisch, was für ihn unabdingbar sei, um sie glaubwürdig rüberzubringen. Er lässt tief in seine Seele blicken, erzählt uns seine Lebensgeschichte mit allen Höhen und Tiefen. Bei vielen Songs gewährt er uns zusätzlichen Einblick, wenn er über die Beweggründe und Inspirationen zum entsprechenden Lied spricht. 

Dermot Kennedy mit Gitarre
Bild: Michelle Brügger

Am heutigen Abend sind vorwiegend junge Frauen im Publikum vertreten. Bei der letzten Zeile von She’s bringing the Moon and Stars to Me ist das besonders gut zu hören, als vorwiegend sanfte Frauenstimmen erklingen.

Zum Schluss spielt er After Rain, was zufällig auch zum regnerischen Abend passt. Ohne gross dazu aufzufordern, stimmt das Publikum mit ein, als er zum Part «You won’t be lonely» gelangt. Wie ein Mantra wird es unzählige Male wiederholt, bevor er sich verabschiedet und genauso ruhig die Bühne verlässt, wie er sie betreten hat.

Bekanntheits-Boost dank Spotify und Wettbewerben

Bevor der ganze Spotify-Rummel losging, gewann er beim The South Country Song Contest den ersten Platz. Er setzte sich damals gegen die Underground-Band The Roast Potatoes durch, die nach dem Willen des Publikums hätte gewinnen sollen. Die Jury entschied sich aber für Dermot Kennedy und ebneten ihm damit den Weg zum Ruhm.

Seine Streaming-Erfolge verdankt er Spotify Discover Weekly, das 2016 gestartet wurde. Einige Jahre veröffentlicht er seine Songs und die der damaligen Band Shadows and Dust selbst. Nachdem er auf der Playliste «New Artists to Love» erschien, erlangte er weltweite Aufmerksamkeit und hat inzwischen über 4 Millionen monatliche Zuhörer.

Die Single Power over Me wurde seit dem Release in Europa und Kanada viermal mit Gold ausgezeichnet. Zusammengerechnet sind das in etwa gleich viele Verkäufe wie für seine neueste Single Outnumbered, die er im Vereinigten Königreich erzielte. Mit dem Unterschied, dass es dort bedeutend höhere Zahlen für eine Auszeichnung benötigt. Mit 200’000 Verkäufen sichert er sich innerhalb von drei Monaten die Silberne. Der Song hält sich seit dessen Release im Herbst noch immer in den Top 10 der UK.

Nächste Show

Es wird nicht das letzte Konzert gewesen sein, das er in der Schweiz spielt. Nächstes Mal wird er aber hoffentlich vor noch grösserem Publikum auftreten können. Vielleicht auch mit mehr männlichen Besuchern als dieses Mal, denn die Musik ist definitiv nicht nur etwas für weibliche Gemüter.

Dermot Kennedy im X-Tra
Bild: Michelle Brügger