Die Hollywood Vampires rockten Zürich

Johnny Depp sah nicht so schlimm aus wie befürchtet. Bild: Michelle Brügger

«Präzise, wie eine Schweizer Uhr, süss, wie eine Schweizer Schokolade und hat Löcher, wie ein Schweizer Käse» – die wohl merkwürdigste Beschreibung, die Johnny Depp je erhalten hat. Schockrocker Alice Cooper muss es ja wissen. Am Dienstag traten die Hollywood Vampires, bestehend aus Aerosmith-Gitarrist Joe Perry, Alice Cooper und Hollywood-Star Johnny Depp in der Samsung Hall auf.

Als grosser Johnny-Depp-Fan erreichten mich noch vor dem Konzert so einige Hiobsbotschaften – und vor allem auch Fotos, welche nichts Gutes verheissen liessen. Depp einmal abgemagert, Depp einmal mit Ultra-Kurzhaarfrisur, Depp einmal total betrunken. Meine Erwartungen an den Abend mit den Hollywood Vampires sanken allmählich auf den Nullpunkt. Ich begann zu hoffen, dass man ihn immerhin noch von Alice Cooper unterscheiden können wird.

Den Abend eröffnen durfte die Schweizer Band Felskinn. Die Band von Sänger und Komponist Andy Portmann (Ex-Ain’t Dead Yet) brachte – so als Vorband überraschenderweise – von Anfang an eine extrem gute Stimmung in die Halle. Dies aber auch sehr verdient: Felskinn überzeugte mit treibenden Riffs, sehr melodiösem Gesang und guter Publikumsanimation.

Das Tribut an die toten, betrunkenen Freunde

Das Publikum war entsprechend schon aufgeheizt, als Alice Cooper später «We are the vampires. We pay tribute to our dead drunk friends!» ins Mikrofon krächzte. Und bei mir kam die grosse Erleichterung: Hollywood-Star Johnny Depp sprang locker mit seinem Bandana-Tuch um den Kopf, etwas längeren Haaren und seinem lässigen Style, der jeder Menge piratenlookmässigen Schmuck beinhaltete, über die Bühne.

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Betrunken oder nicht? Bild: Michelle Brügger

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Dass Depp total betrunken und neben den Schuhen gewesen sei, was ein paar meiner Fotografenkollegen behaupten, nahm ich in der vordersten Reihe nicht so wahr. Ich sah einen fröhlichen Depp, der spielte, sang und eine Unmenge an Gitarrenplektren ins Publikum warf. Für ihn wurde ja auch mit dieser Band ein grosser Bubentraum endlich wahr. In vielen Filmen sieht man ihn Gitarre spielen und er behauptete schon öfters, dass die Musik eigentlich sein Ziel war, bevor er zu schauspielern begann.

Es war sehr spannend zu beobachten, wie es jedes Mal, wenn Depp die Bühnenseite gewechselt hat, total unruhig wurde im Publikum: Die Handys wurden gezückt und natürlich durften ein paar Kreischer nicht fehlen. Er war definitiv die Hauptattraktion des Abends. Der ehemals Sexiest Man Alive hat es wohl mit seinen 55 Jahren (Oh-Mein-Gott-ist-der-echt-schon-so-alt?) immer noch drauf.

Stock-Wirbler Alice Cooper. Bild: Michelle Brügger

Alice Cooper – ein junges Urgestein

Auch wenn ganz viele Frauen nur für den Exzentriker Johnny Depp da waren, gab es auch einige, die ganz bestimmt meinten: «Ich bin wegen Alice Cooper hier, ganz klar!» Das Urgestein Alice Cooper wirkte an diesem Abend mit seinen 70 (!) Jahren wie ein junges Fohlen und legte eine absolut geniale Show hin. Zwischendurch mit Stock oder Peitsche und mit Zylinder bewaffnet, erntete er ebenfalls tosenden Applaus von seinen zahlreich erschienen Fans.

Mit zum Trio gehörte ja auch Joe Perry (67), was bei einigen «Joe wer?» ausgelöst hat. Na, das ist natürlich der Aerosmith-Gitarrist, der ebenso stark an diesem Abend gespielt hat.

Depp und Perry in der Samsung Hall. Bild: Michelle Brügger

Dass die Show echt gelungen war, lag natürlich nicht nur an der Präsenz der drei Herren. Zusammen mit den restlichen Bandmitgliedern spielten sie einen eingängigen Song nach dem anderen. Es gab bekannte Coversongs wie She’s Got The Jack oder Ace Of Spades, welche an verstorbene Musiker erinnerten, aber auch Eigenkompositionen. Bei Heroes und People Who Died ging Johnny Depp zur hörbaren Freude des Publikums sogar selber ans Mikrofon. Zur Zugabe gab es dann noch Alice Coopers Siebzigerjahre-Hit School’s Out, gemixt mit Pink Floyds Another Brick in the Wall. Eine echt coole Setlist.

Aber wieso Johnny Depp gemäss Cooper Löcher wie ein Käse hat, bleibt für uns wohl ein Geheimnis.