Fliegender Wechsel aber keine Zeit für Bierpausen

Bild: Janosch Tröhler/Archiv

Das Jahr neigt sich dem Ende zu, Weihnachtsstimmung kommt langsam auf und wer dem ganzen Rummel mal entfliehen wollte, wurde an diesem Dienstagabend gut bedient. Egal ob man mit der Musikrichtung was anfangen konnte oder nicht, die Bands gaben zum Jahresende nochmal richtig Vollgas und das Publikum zog vollends mit! Endlich ein Konzert zum richtig Austoben. Mit fliegendem Wechsel, aber zu wenig Zeit für Bierpausen.

Bei nicht ganz so kuschligen Minusgraden versammelten sich die Besucher vor dem Volkshaus. An der Abendkasse gab es zwar noch einige Tickets, die Halle selbst war jedoch pumpenvoll. Selbst die oberen Sitzreihen sind gut gefüllt und im Verlauf des Abends wurde es selbst da recht eng. Vor der Halle wurden noch vereinzelt Tickets ergattert und die rauchende Metal-Gemeinde stand stämmig im T-Shirt draussen. Viele Mädels ebenfalls mit Shirt oder nur Top daneben, leicht zitternd aber die Jacke war wohl schon an der Garderobe abgegeben. Und sich nur für eine Raucherpause nochmal durch die Menschenmasse zu drängen und minutenlang zu warten lohnte sich einfach nicht. Allgemein waren an diesem Abend die Garderobenleute etwas unterbesetzt. Pünktlich um halb Sieben klangen die ersten Töne von drinnen nach draussen und die Meute drückte sich durch die nur halb geöffneten Türen ins Warme. Der Abend sollte noch richtig heiss werden!

Northlane und Carnifex

Carnifex eröffneten den Abend mit etwas gewöhnungsbedürftigem Hardcore-Punk. Oder wie man diesem Musikstil auch immer sagen sollte. Die Jungs standen etwas schüchtern auf der Bühne und machten mehr den Eindruck zurück nach Sydney zu wollen, als wirklich vor dem Schweizer Publikum zu spielen. Ohne grosse Worte wurden ein paar Lieder runtergespielt. Ein paar Fans der Band brachten dann zumindest in den vorderen Reihen doch etwas Stimmung in die Bude, ansonsten war der Einstieg eher dürftig. Vielleicht kam diese eher gedrückte Stimmung auch daher, dass der Sänger aus persönlichen und gesundheitlichen Problemen nach der Europatournee mit Parkway Drive und Heaven Shall Burn aus der Band aussteigen möchte.

Northlane schafften es zumindest die Stimmung etwas anzuheben. Ein kleiner Circle Pit bildete sich und bei gewissen Liedern wurde sogar mitgesungen oder eher mitgebrüllt. Auch wurde hier ein wenig mehr mit dem Publikum kommuniziert. Die beiden Bands waren zusammen grade mal etwa eine Stunde auf der Bühne und danach wurde umgebaut und aufgestellt für die Hauptacts.

Fliegender Wechsel: Heaven Shall Burn und Parkway Drive

Heaven Shall Burn kam auf die Bühne und legte los! Und wie sie los legten! Mit grossem Knall und einer Papierschusskanone, einer grossartigen, blinkenden Lichtershow und richtig guter Laune. Das Publikum zog sofort mit. Das Schweizer Publikum, welches sonst eher träge, kaum zum mitklatschen zu animieren, geschweige denn für einen ordentlichen Circle Pit zu haben ist, bewies an diesem Abend, dass es auch anders geht. Eine sehr willkommene Abwechslung. Ein paar Parkway Drive-Fans, welche sich neben mich gestellt hatten, liessen sich von der Stimmung mitziehen. Wo vorher eher skeptisch auf das gezeigte Youtube-Video, auf dem mitgebrachten Smartphone, des einen Herren dieser Gruppe, geschaut wurde, wurde jetzt mit überrascht glänzenden Augen auf die Live-Performance, des eben geschauten, gestarrt. Und mitgetanzt, beziehungsweise geheadbangt.

In den oberen Sitzreihen standen viele der vorher sitzenden Metaller auf und klatschten begeistert mit. Teilweise wurde auch inbrünstig mitgesungen. Etwas skeptisch schaute noch ein älterer Herr, der wohl wegen seines Enkels, der ganz stolz neben ihm sass und vor Freude hin- und herwippte, am Konzert war. Zwei Lieder später traf ich auf denselben älteren Herren, mittlerweile ohne Enkel neben sich, dafür mit offenen Haaren und im Takt mitnickend unten in der Menge. Nach etwa fünf bis sechs Lieder und einem strahlenden HSB-Frontmann, der das Schweizer Publikum für den grossartigen Einsatz hochlobte, fragte Heaven Shall Burn frech, ob das Publikum nicht auch Lust auf einen Parkway Drive-Song hätte. Zustimmende Gejohle aus allen Ecken.

Heaven Shall Burn sah das als Aufforderung und setzte an die ersten Töne eines Parkway Drive-Songs zu spielen. Das Publikum war zu dem Zeitpunkt schon vollkommen am Durchdrehen. Parkway Drive von Heaven Shall Burn performed und danach im fliegenden Wechsel kam Parkway Drive auf die Bühne und spielte gleich weiter. So etwas ist wohl den meisten noch nie passiert! Ein vollkommen neues Konzept. Wie oft wurde an Konzerten rumgejammert, dass zwischen den Bands immer so viel Pause entsteht um die Bühne umzubauen. Da waren die Jungs von Heaven Shall Burn und Parkway Drive wohl ganz pragmatisch und dachte sich, sie teilen sich einfach eine und wechseln dazwischen nur kurz das hinten aufgehängte Bühnenbild. Genial!

Nach weiteren fünf, sechs Lieder dann wieder ein Wechsel zurück zu Heaven Shall Burn, so dass alle etwas enttäuschten Heaven Shall Burn-Fans, die sich ihre Band gerne noch etwas länger angeschaut hätten und dachten die hätten nach den ersten paar Lieder schon an Parkway Drive, dem eigentlichen Headliner des Abends, abgegeben, ganz leuchtende Augen bekamen. Wiederum mit einem Heaven Shall Burn-Lied, welches anfangs von Parkway Drive performed wurde. Absolut genialer Stimmungswechsel, da Musikliebhaber natürlich die Unterschiede erkennen und das dem ganzen Live-Feeling eine völlig neue Note gab. Der Zusatzaufwand der Bands – durch das Lernen der jeweilig anderen Texte und Noten – wurde vom Publikum mit einem mindestens zehn Meter grossen Circle Pit geehrt. Vollkommen am durchdrehen, moshen, headbangen, mitschreien, weitermoshen. Schon nach der Hälfte roch die ganze Halle nach Schweiss und ausgekippten Bier. Doch das war vollkommen nebensächlich. Auch die blauen Flecken, die man sich einholte, taten erst am nächsten Tag weh. Denn die Stimmung war viel zu mitreissend, als das man nicht hätte mitmoshen wollen.

Und sie wechselte von Band zu Band, Hand in Hand. Bei Parkway Drive wurde mehr mitgesungen, vor allem am Anfang im instrumentalen Teil entstand ein Chor. Bei Heaven Shall Burn wurde mehr mitgemosht und höchstens bei Liedern wie Endzeit und Black Tears mitgebrüllt. Dennoch vertrug sich die Musik sehr gut miteinander und Fans beider Bands gingen zu beidem ab. Zum Ende hin übergab Heaven Shall Burn, durch das gleiche Prozedere und dem Lied Home is for the heartless, nochmals an Parkway Drive. Die dann noch zum Endspurt ansetzten. Gute zwei Stunden konnten so die Bands durchspielen. Ohne gross zu Unterbrechen, nur um sich kurz beim Publikum zu bedanken. Der einzige Hacken an der Sache: Wann holt man sich bei durchgehend guter Stimmung denn endlich mal ein Bier?