Klingt so die Zukunft des britischen Indies?

The Hunna. Bild: zvg

Frischen Indie Rock aus England versprachen uns The Hunna und Coasts. Gehen wir also mal wieder nach den Perlen tauchen, bevor sie eventuell zu den alles überstrahlenden Acts des modernen Alternative-Rocks werden.

Vermutlich schon ein schlechtes Vorzeichen, als das Konzert der englischen Indie-Bands The Hunna und Coasts vom Dynamo Saal in den Papiersaal verlegt werden musste. Aber dass die Schweizer bei Musiktrends immer etwas hinterher hinken, ist man sich gewohnt und deshalb ist es vermutlich besser, die geringe Zahl an Neugierigen vor der kleinen 180-Grad-Bühne im Papiersaal zu sammeln, als dass die beiden jungen Bands im leeren Dynamo hätten spielen müssen.

Surfgitarren zum Träumen

Im Zürcher Papiersaal herrschte dann aber auch schon ordentliches Treiben als Coast die Bühne enterten und ihren schmissigen Indie Rock dem Publikum präsentierten. Ihr mit Surf-Gitarren angereicherter Sound steht im puren Kontrast zu den eisig kalten Temperaturen draussen, welche die Schweiz zurzeit fest im Griff haben. Man träumt vom Frühling und wärmeren Tagen während man sich von dem Quintett angenehm berieseln lässt. Und für einige wenige im Publikum schien es ein Wiedersehen zu sein, als Coasts 2016 am Zürich Openair – damals unter glühender Sonne – die Hauptbühne bespielten.

Die 2011 gegründete Band spielte einen guten Querschnitt aus dem Repertoire ihrer beiden Alben Coasts und This Life Vol. 1 und erzählte begeistert von ihrem Besuch im FIFA-Museum, zu dem sie natürlich eingeladen wurden, nachdem bereits ihr Song Tonight auf dem FIFA 16 Soundtrack erschienen war.

Der Weckschrei danach

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Trotz ihres beherzten Auftritts schien der Funke auf den Grossteil der Zuschauer nicht recht überzuspringen. Und auch die Hitsingle Oceans, welche ganz zum Schluss zum Besten gegeben wurde, vermochte nur vereinzelt zum Mitmachen animieren. So blieb es bei einem gutwilligen Einstieg in den Konzertabend, bei dem The Hunna noch viel Luft nach oben hatten.

Luft, die mir dann sprichwörtlich weg blieb, als die ersten Klänge von The Hunna unsanft mein Ohr infiltrierten. Das instrumentale Handwerk der Band mal ausser Acht gelassen, war die Stimme von Sänger Ryan Potter für mich der absolute Overkill. Seine Singstimme ist recht hoch und wurde im Soundmix dazu auch noch präsent in den Vordergrund gestellt – eine Kombination, die in meinen Ohren schlichtweg nicht gut klang.

Während Potter also auf der Bühne fast schon um sein Leben kreischte, verabschiedete ich mich schon mal von den absterbenden Sinneszellen in meinen Ohren. Zugegeben, ganz so schlimm war es nicht, aber einen Ausflug ins Fumoir für eine Partie Tischfussball nahm ich trotzdem dankend an. Ich hätte besser auch im Vorfeld genauer in die Musik von The Hunna reingehört, denn diese mich persönlich sehr störende Essenz wäre durchaus auch auf Platte schon rauszuhören gewesen.

Perlen vor die Säue?

Bei den leisen Parts und zwischen den Songs, als Potter mit dem Publikum sprach, klang ja eigentlich alles ganz okay. Nur Lieder wie Bonfire und You & Me, bei denen der Refrain voller Inbrunst dem Zuhörer um die Ohren geschmettert wurde, machten mir den Abend zur Sau.

Und während mein Blick durchs zumeist junge Publikum schweifte, fragte ich mich, ob das echt nur an mir und meiner mir gleich gesinnter Begleitung lag. Denn der Auftritt von den erst 2015 gegründeten The Hunna wurde ansonsten euphorisch bejubelt. Es wurden viele Handy-Fotos geschossen, mitgesungen und auch etwas Bewegung im Publikum war auszumachen.

Wie dem auch sei, Geschmäcker sind zum Glück verschieden und nicht jeder muss immer alles mögen. Ich ordne nach diesem Abend die Band Coasts als ambitioniert aber erneut unter «nichts Spezielles» ein, nachdem ich sie effektiv bereits am Zürich Openair gesehen hatte, es aber nur noch verschwommen in Erinnerung hatte. Und bei The Hunna hoffe ich inständig, dass sie ihre weitere Karriere weit weg von meiner Aufmerksamkeit fortführen werden und verbuche sie ich unter «Danke, einmal reicht».