Das Dark Malta ist ein Festival-Bijou sondergleichen. Nirgendwo erlebt man Bands, Organisatoren und Medienschaffende näher als dort. So konnten wir gleich im Flieger nach Malta dem ersten grossen Live-Act Aesthetic Perfection die Hand schütteln und noch am selben Abend And Ones Zigaretten aus einem Koffer bergen.
Im Rahmen unserer neuen Serie «Schwarze Ferien» sind wir immer wieder auf der Suche nach neuen ausländischen Events und Locations, die es zu besuchen lohnt. So sind wir am 5. und 6. April 2019 am zweiten Dark Malta Festival gelandet.

Malta ist nun wirklich nicht gross, das wissen nun alle. Und wer es nicht weiss, bestätigt damit nur die Regel, dass die meisten diese kleine Insel im Mittelmeer kaum als Metal-Mekka auf dem Schirm haben. Schade, denn diese Malteser wissen durch und durch, wie richtig feiern geht!
Drop off
Am Morgen noch artig die Bürobank gedrückt sassen wir am Abend – leider eine Stunde zu spät – im Flieger ins winzige Nirgendwo; und schräg vor uns zwei Typen, die schon nach «Schwarze Ferien» aussahen. In der Tat stellte sich heraus, dass sie zwei Drittel der US-amerikanischen Aggrotech-Band Aesthetic Perfection ausmachen, die am zweiten Festival-Tag zum Lineup gehörten.
Vom Flughafen nur ein sechsminütiger Steinwurf entfernt, am Ende einer nahezu unbeleuchteten Strasse erstreckte sich das an sich schon beeindruckende, riesige Montecristo-Gelände, hinter dessen Mauern bereits vertraute Klänge wummerten. Etwas was überrascht waren wir, dass wir an den römisch anmutenden Säulen vorbei in ein Hochzeitsfestzelt mussten, um zum Herz des Events zu gelangen. Der Ausblick über maltesische Skyline machte dies jedoch wett.

Heimspiel
Der Freitagabend gehörte offenbar den Einheimischen. So füllte die lokale Band Martyrium allein die Festhalle, wovon auch die Headliner Sad Dolls und Lord of the Lost profitierten. Und spätestens Lord of de Losts Lady Gaga-Cover von «Bad Romance» klar: Bezüglich Akustik und Lichtverhältnissen steht das Dark Malta keinem grösseren Festival wie WGT oder Mera Luna nach. Klein aber oho, lässt sich hier nur sagen!
Denn wir sind viele.
Auch bezüglich Besucherspektrum hinkte das maltesische Musikspiel keineswegs hinterher. So hörten wir alsbald vertrautes Schweizerdeutsch, Deutsch und Österreichisch und konnten im gleichen Atemzug auch Spanisch, Britisch und US-Amerikanisch vernehmen. Von überall her kamen sie, die Gothen und Metaller, und machten gefühlsmässig die Hälfte der Gäste aus.
As good as it gets
Die Wow-Momente zogen sich auch samstags fort. Trotz undankbarer Eröffnungszeit zeigten Animae Silentis und Auger jeweils eine souveräne, solide Darbietung, die passend auf den nahenden Abend einstimmte.
Und da kamen sie auch schon an. Mein persönliches, bisher unentdecktes Highlight des Festivals: Aesthetic Perfection. Die grossartige Bühnenpräsenz des Frontmanns Daniel Graves und der Einsatz eines Theremins konnten wir derart hautnah erleben, dass jeder Ton bis in die (Tanz)Knochen vibrierte.

Clan of Xymox hingegen brachte uns dazu, dem Zelt zu entfliehen und auf Erkundungstour zu gehen. So konnten wir entdecken, dass das Gelände noch so viel mehr zu bieten hätte; eine Brauerei, ein chinesisches Restaurant, ein Kellergewölbe mit lauschigen Nischen – und eine Schwette mehr Klos! Memo an unsere Nachkömmlinge: Es lohnt sich, etwas früher und weiter zum WC zu pilgern, denn da hat es auch Spiegel und mehr Papier. Allerdings gehen so nette Toiletten-Talks mit allfälligen Einheimischen oder Bandmitgliedern flöten.
Commander-saurus Rex und And One-odon
Zurück aus der unteren Gefilden tauchten wir nun ab ins Musiknetz von Suicide Commando. Das Urgestein der Industrial-Szene hats immer noch drauf! Nebst geilen Beats und eingängigen Lyrics wartete der belgische Musiker Johan Van Roy mit fiesen Videoclips auf. So bot bei Schiz[o]tropia eine Karaokegelegeneit an, zum anderen zählte während Cause of Death Suicide ein Selbstmord-Highscore. Makaber wie gehabt!

Auch And One zeigte, dass sie immer noch an der Spitze der Industriemusik mitmischen. Mit Coverversionen ihrer eigenen Songs und unterhaltsamen Spielereien zwischen Leadsänger Steve Naghavi und Drummer Joke Jay heizten die Deutschen den Südländern nochmals so richtig ein. Und auch die Zugaben waren wie deutsche Menüs: So richtig dicke!
Die perfekte Vorlage für die nach-mitternächlichen Alien Vampires, die die angeregte Stimmung gekonnt übernahmen und das schwarze Volk in eine nicht enden wollende Tanznacht geleitete – die sich im im unteren Stock gelegenen Club des Montecristo fortsetzte.

Fazit
Näher an den Bands geht es nicht. Man teilt sich Rauch-, Pizza- und Toilettenpausen mit den Stars und kann getrost in der ersten Reihe mitrocken, wenn man das will – ohne dabei irgendwem die Sicht zu nehmen, auf die Füsse zu stehen oder sich vordrängeln zu müssen. Echt genial!
Die Location war perfekt gewählt und hinterlässt einen bleiben Eindruck, den man nicht so schnell an einem anderen Festival wiederfindet. Noch viel cooler wäre es gewesen, wenn man IN den Hallen des Montecristo und nicht davor oder dahinter hätte feiern dürfen. Oder dann wenigstens Openair und nicht in einem Zelt.
Aber das sind alles kleine Wünsche an ein grossartiges Orga-Team, das sich im Grunde nur aus dem Paar Rene Farrugia (DJ Hades) und Sabrina (Aleera de la Lune) zusammensetzt und schon jetzt mit der Planung des dritten Dark Malta Festivals begonnen hat. Wie sie das Festival aus eigener Sicht erlebt haben, könnt ihr im Interview lesen.