Piazza più grande

So war das Stars in Town 2019

Stars in Town 2019 ist Geschichte. An der Jubiläumsausgabe mit rund 55’000 Besuchern hat das charmante Festival in Schaffhausen die Besucherzahl vom letzten Jahr nicht übertroffen aber solide gehalten. Entgegen dem Trend zu weniger Besuchern und der Frage der Finanzierung mit der andere Festivals zu kämpfen haben, wächst das Stars in Town von Jahr zu Jahr. Kann man bald sagen die Piazza più grande der Deutschschweiz?

Fünf Tage gefüllt mit Musik, Kulinarik und Wetterglück liegen hinter Schaffhausen. Das Stars in Town, wohl das charmanteste Festival der Schweiz, schliesst seine Tore, um sich für das nächste Jahr vorzubereiten. Grosse Namen standen auch dieses Jahr auf dem Programm und lockten die Besucher auf den Herrenacker wie auch auf den Fronwagplatz.

Wie schafft es ein verhältnismässig kleines Festival wie das Stars in Town sich über Wasser zu halten? Nora Fuchs, Mediensprecherin des Stars in Town, zieht eine positive Bilanz: «Rund 32’000 Besucher konnten auf dem Herrenacker begrüsst werden. Mit den Besuchern auf dem Fronwagplatz gar 55’000.»

Wie schafft man es denn, den Gewinn noch zu steigern mit den Rahmenbedingungen, die gegeben sind? Da der Platz eine feste Grösse hat, kann das Festival nur an Tagen wachsen, aber nicht mehr an Volumen. Zum einen sei es das Gesamterlebnis, das hier zählt. Andererseits über die Hospitality bei der die Ticketpreise teurer seien, mit Essen etc., so Nora Fuchs.

Uns fällt auf, dass das Angebot auf dem Fronwagplatz stark ausgebaut wurde. Vielleicht brauchte es einfach Zeit, bis die Menschen im Festival-Gefühl angekommen sind? Fuchs meint dazu: «Es wurde viel investiert in den letzten zwei Jahren. Einerseits wurden die Bands super gebucht, die auf der Startrampe spielen. Andererseits wurde das Food-Angebot vergrössert. Die liebevolle Gestaltung, sei es mit den Street-Art Künstlern mit Deko, Beleuchtung und so weiter. Das wird den Leuten immer wichtiger einfach abzutauchen und einfach sein zu können.»

Feinster Rock mit einem Schuss Langeweile

Der erste Abend am Dienstag, 6. August lockte mit feinstem Rock. Crystal Ball, Europe und Scorpions. Während Crystal Ball und Europe echtes Festivalfeeling verbreiteten, das Publikum zum Schwelgen und tanzen brachten war die Darbietung der Scorpions eher mässig und beliebig. Das Feuerwerk wollte nicht so richtig zünden, die Lunte war zu lang. Erst gegen Ende mit Wind Of Change konnten sie das Publikum bei sich wissen.

Europe am Stars in Town 2019
Bei Europe kam echtes Festival-Feeling auf. Bild: Matthias Hoffmann

[su_spoiler title=“Wusstest du…“ icon=“arrow“]… dass The Final Countdown Nummer 1 in 26 Ländern war und weltweit über 8 Millionen Singles verkauft wurden?[/su_spoiler]

Eine absolute Überraschung bot sich am Mittwoch, 7. August: Lewis Capaldi legte live noch eine Schippe obendrauf und begeisterte das Publikum mit seiner facettenreichen Stimme wie man es sich nur wünschen konnte.

[su_spoiler title=“Wusstest du…“ icon=“arrow“]… dass Lewis Capaldi mit 9 Jahren begann Gitrarre zu spielen und mit 12 Jahren bereits in lokalen Pubs auftrat?[/su_spoiler]

In die Riege der Stimmgewaltigen reihte sich auch James Bay ein. Der Engländer brachte nicht nur seine wehmütigen und sanften Texte mit, eine gehörige Portion Festivalfeeling war inkludiert. So verwunderte es nicht, dass das Publikum für den Headliner Bastille in bester Laune waren an diesem Abend.
Mit einer gewaltigen Show eröffneten diese somit das Finale für diesen Abend, kamen, sahen und siegten. Dem ein oder anderen entfuhr folgender Spruch: «Aaaaah, das sind die!» Ja genau, das sind die. Mit Songs wie Pompeii oder Happier hatten die Briten um Dan Smith die Herzen auf dem Herrenacker für sich gewonnen.

James Bay am Stars in Town 2019
James Bay schmolz mit Wehmut und Sanftheit Herzen. Bild: Matthias Hoffmann

Schmetterlinge, Stars zum Anfassen und Greta Thunberg

Der Donnerstag, 8. August stand ganz im Zeichen der Herzensbrecher – zumindest bis Rea Garvey auf der Bühne stand. Schon bei Max Giesinger flogen die Herzen nur so über den Platz. Die Begeisterung bei Jung und Alt knisterte über den Köpfen im Publikum. Als er sich auf einen Spaziergang durchs Publikum begab, war es dann wohl auch um das letzte Frauenherz geschehen.

[su_spoiler title=“Wusstest du…“ icon=“arrow“]…dass Max Giesinger sein erstes Album Laufen Lernen mit einer Crowdfunding-Kampagne finanzierte?[/su_spoiler]

Max Giesinger im Publikum am Stars in Town 2019
Max Giesinger auf seinem Spaziergang im Publikum. Bild: Matthias Hoffmann

Dass dieses Feuer mit Alvaro Soler nicht abflachen würde, war klar. Er nahm den Schwung gleich mit und schaffte es mit seinem spanischen Esprit dieses auch am Brennen zu halten.

Das Highlight an diesem Abend sollte in Form von Rea Garvey auf der Bühne stehen. Von der ersten Sekunde an war er mehr als präsent. Seine positive Energie verwandelte den Herrenacker im Nu in einen Dancefloor auf dem die Menschen sich bewegen wollten. Ob der Einspieler mit Greta Thunberg wirklich nötig war, darüber scheiden sich die Geister an diesem Abend. Aber das darauf folgende Trough The Eyes Of A Child das er 2008 mit seiner Band Reamonn aufgenommen hat, liess auch das schnell vergessen und die geniesserische Stimmung konnte wieder Überhand nehmen.

Wo sind denn nur die Frauen?

Spätestens nach Tag drei konnte man sich die Frage stellen, wo denn die ganzen Künstlerinnen abgeblieben waren, denn auch die Aussicht auf Tag vier und fünf versprach wenige weiblichen Stimmen an der Front. Einzig Femi Luna, die den Band-Contest «Kammgarnstars» gewonnen hat, und Amy Macdonald bildeten noch einen Silberstreif am Horizont. So fragen wir Nora Fuchs, Pressesprecherin des Stars in Town woran es ihrer Meinung nach liegt, dass so wenig Künstlerinnen auf der Bühne stehen an den Festivals.

«Unser Booking ist sehr sensibilisiert. Wir fänden es allerdings falsch eine Quote zu fahren. Einerseits buchen wir das was die Leute hören wollen. Ganz glücklich sind wir auch nicht darüber, aber wir müssen andererseits auch schauen wer verfügbar ist in dieser Grösse. Es ist natürlich ein Thema. Bei den Nachwuchskünstlern ist das Verhältnis eher ausgeglichen und auf dem Fronwagplatz hatten wir einen höheren Anteil an Frauen», so Nora Fuchs.

Somit setzte am Freitag, 9. August Stress den Startschuss in einen energiegeladenen Abend. Mit Unterstützung seiner Crew tanzte er in den frühen Abend. So viel Energie auf der Bühne, dass man fast etwas neidisch wurde ob seiner Ausdauer und der Energie seiner Tänzer, wie auch seiner Sängerin. Mit viel Charme hatte er die Audienz im Nu um den Finger gewickelt.

Stress am Stars in Town 2019
Kein Stress mit Stress am Stars in Town. Bild: Matthias Hoffmann

[su_spoiler title=“Wusstest du…“ icon=“arrow“]…dass Stress mit 20 Songs in den Top 100 der Hitparade unter den 20 Top-Schweizer-Interpreten ist?[/su_spoiler]

Der Abend war dem Hip-Hop gewidmet, so war die einzige logische Folge: Fettes Brot. Mit Hits wie Schwule Mädchen oder Jein schufen sie Chöre im Publikum, die nicht mehr abebben wollten.

Obwohl Beginner keine Wiederholungstäter sind am Stars in Town, ist es Jan Delay der nicht zum ersten Mal auf dieser Bühne stand. Vor fünf Jahren begeisterte er Schaffhausen mit seiner Band Disko No 1 als Headliner der es verstand die Party eskalieren zu lassen. Und das sollte dieses Jahr nicht anders sein. Einen brodelnden Hexenkessel liess er zurück an diesem Abend… man munkelt, dass es an der After-Show-Party im Kammgarn noch weiterging.

Der Post-Stars in Town-Blues kann kommen

Und zack war es schon wieder Samstag und der letzte Festivaltag stand auf dem Plan. Der 10. August hatte ebenso viel zu bieten und dazu auch gleich noch zwei starke Frauen auf der Bühne. Femi Luna stand schon am Freitag auf der Startrampe. Dass die Newcomerin noch nie auf einer grossen Bühne gespielt hat, merkte man ihr nicht an. Als hätte sie nie etwas anderes gemacht, verzauberte die Singer-Songwriterin den Herrenacker mit ihrer wunderbaren Stimme.

Zürcher Power stand mit den beiden Männern in Form von Dabu Fantastic auf den Brettern auf denen die Tage zuvor Weltstars gerockt haben. Dabu Fantastic waren fantasievoll und kreierten mit Nachnamen neue Strophen. Bastian Baker zum Beispiel wurde auch bedacht: «Er heisst Baker un het ken Zopf» war nur eines von vielen Wortspielen die mit viel Witz und Charme dargeboten wurden. Dabu Fantsatic waren einfach Sommerfeeling pur.

Bastian Baker, was soll man da noch sagen ohne Gender-spezifische Klischees zu bemühen. Er bekommt immer mehr Ähnlichkeit mit Bradley Cooper, der gemäss Klatschpresse zu den bestaussehenden Männern zählt. (Gut umschifft oder?) Dies wird von Baker noch unterstrichen, indem er mit Shallow ein Cover aus dem Oscar-prämierten Film A Star is Born mit Bradley Cooper und Lady Gaga im Repertoire hat.

[su_spoiler title=“Wusstest du…“ icon=“arrow“]…dass Bastian Baker nach dem Abschluss des Sportgymnasiums einen Profivertrag beim HC Fribourg-Gottéron bekommen hat?[/su_spoiler]

Was für ein Schlussfeuerwerk, das mit Amy Macdonald auf der Bühne steht. Auch sie stand vor fünf Jahren schon auf der Bühne des Stars in Town. Aber ihre Musik ist lauter, rauher und charakteristischer geworden. Das Publikum ist absolut bei ihr und als sie mit Let’s Start A Band ihren Auftritt schliesst, schaut man nicht nur in glückliche Gesichter. Zu gerne hätte es noch ein wenig länger dauern dürfen in dieser wunderbaren Kulisse des Herrenackers.

Amy Macdonald am Stars in Town
Amy Macdonald am Stars in Town. Bild: Matthias Hoffmann

Wie die letzten Jahre, gibt es organisatorisch nichts zu bemängeln. Wir wollen wissen wie es kommt, dass sich das Festival so stabil hält? Nora Fuchs: «Jeder einzelne gibt sein Herzblut hinein – es werden Ferien genommen um hier Gastgeber zu sein. Natürlich ist auch immer viel Glück dabei, wenn wir auf das Wetter schauen oder Künstler, die nicht ausfallen.«

Wir haben immer ein schönes Gefühl, wenn wir uns auf das Festival vorbereiten. Genau so geht es den Besuchern, wie wir vorhin im Wartebereich erfahren haben. Liegt es an Schaffhausen? Dazu meint Fuchs: «Es fängt schon bei der Crew an. Das ist hier wirklich aussergewöhnlich. Wie lieb und freundlich man hier empfangen wird. Das ist der Groove des Festivals wie es gewachsen ist. Das überträgt sich aufs Publikum, es schwappt regelrecht über. Auch Security-seitig muss nicht mit grossen Geschützen aufgefahren werden wie an anderen Shows. Einfach ein friedliches Festival.»

Einfach ein friedliches Festival. Dem schliessen wir uns an und sind gespannt, welche Headliner nächstes Jahr auf der Bühne inmitten Schaffhausens Altstadt spielen werden.