Wortakrobaten – Käptn Peng und die Tentakel von Delphi

Bild: Marco Aversano

Die Truppe um Robert Gwisdek alias Käptn Peng ist mit ihrem frisch erschienenen Studioalbum «Das nullte Kapitel» auf Tour und Negative White war bei ihrem Abstecher im Kölner Palladium dabei.

Für mich war der Besuch eines Hip-Hop-Konzerts eine Premiere und ich wurde positiv überrascht. Oft überkommt einen Unwissenden beim Thema deutscher Hip-Hop die Vorstellung von wütenden, ernsten Musikern, die über Ungerechtigkeiten und das Leben auf der Strasse rappen. Aber auch das ist natürlich nur ein Klischee, wie mich die Käptn Peng vom Label Kreismusik an jenem Abend gelehrt haben.

Dresscode oder Pflichtprogramm? Fehlanzeige!

Müsste ich die Stimmung vor und während des Konzertes beschreiben, so wäre das Wort entspannt wohl am treffendsten. Das Publikum fand sich in diversen Sitzkreisen zusammen. Man redete über dies und das und niemand, nicht mal das Personal, wirkte gehetzt. Eine sehr positive Grundstimmung herrschte bei Publikum das aus Hipstern, Normalos, Ökos, Leuten im Business Dress und vielen anderen Gruppierungen, jeden Alters, wie auch Kleidungsstilen bestand.

Irgendwie ernst, aber gut

[su_pullquote left_or_right=“left“]

Pavlidis live in Köln mit Cümbüsh
Das Cümbüsh in Aktion. Bild: Marco Aversano

[/su_pullquote]

Als Support startete Pavlidis, mit Ben Pavlidis und Matze (von den Ohrbooten), mit ihrem Mutterschiff, der erste Track ihres im vergangenen Jahr erschienenen Albums Identitetris, in den Abend. Gefühlt waen Sound und Texte von Pavlidis ernster und etwas schwerer als die der folgenden Kreismusik-Kollegen, aber dennoch nicht weniger unterhaltsam. Unterstützt wurden die Beats vom Computer, durch Matze mit seiner Cümbüsh (eine Art Banjo aus der Türkei) im Wechsel mit einer Akustikgitarre. Selten habe ich jemanden bei einem «Banjo»-Solo so abgehen sehen.

Nachdem Pavlidis das Palladium schon in die richtige Stimmung gebracht haben und einer kurzen Verschnaufpause, startete Teil zwei der Kreismusik-Familie mit Käptn Peng und die Tentakel von Delphi. Der Name lässt bereits auf einigen Einfallsreichtum schliessen.

So richtig will sich die Truppe aber in keine der vielen verschiedenen Hip-Hop-Subgenres einsortieren lassen. Ich habe mich für eine Mischung aus Hip-Hop und Dadaismus entschieden. Auf jeden Fall regen die Songs zum Denken an und haben so manchem philophischen Stammtisch sicher einiges an Gesprächsstoff geliefert. Aber nun mehr zum Konzert.

Philosophische Leichtigkeit

Das Kommende wurde mit dem Song Pförtner eingeleitet, der weniger an einen Song als mehr an eine philosophische Meditation erinnert. Untermalt wurde dies von langsam heller werdenden Licht, (einzelne Glühbirnen und Stirnlampen) das an ein Erwachen in einem stimmungsvoll illuminierten Garten erinnerte. Allgemein war das Licht bei beiden Bands sehr stimmungsvoll abgemischt und ist mir sehr positiv aufgefallen.

«Menschen, die sich gemeinsam freuen, scheinen Freunde zu sein. Also seid ihr für heute Abend meine Freunde.»

Käptn Peng live in Köln
Der Beat kommt nicht immer aus der Konserve. Bild: Marco Aversano

Klischee Nummer 2

Ein weiteres Klischee, das im Hip-Hop der Beat immer von der Platte kommt, stellte sich ebenfalls als grosser Irrtum heraus. Die Tentakel von Delphi sind eine Gruppe, die mit allerlei interessanten Instrumenten ausgestattet ist. Von einer Giesskanne, über Töpfe bis zu einem sagenumwobenen blauen Koffer war einiges dabei, auf dem kräftig getrommelt wurde.

«Ich will deine Pflanze füttern, du willst meine Katze giessen.»

Ob es am süsslichen Geruch in der Luft oder am Ohrwurm- und Mitsing-Charakter von Spiegelkabinett lag, auf jeden Fall war das Publikum so richtig in Fahrt, tanzten wild zum Beat und lag sich, beim darauffolgenden, romantisch anmutenden Tango im Treibsand zahlreich in den Armen.

Da erwischte ich mich sogar selbst dabei die Augen zu schliessen und mich vor meinem inneren Auge in einer lauen Sommerbrise davon tragen zu lassen und im Treibsand der süssen Melancholie zu versinken. Irgendwie hat dieser Track mein Herz berührt.

Kreisfamilie

Andere Teile der Kreisfamilie kamen im Palladium auch nicht zu kurz und wurden kurzerhand in die Show integriert. Shaban (der Co-MC bei Pavilidis und musikalische Kopf bei Käptn Peng, Trommler bei den Tentakeln und Bruder von Käptn Peng) nutzte die Gelegenheit und verlangte der Bassanlage gemeinsam mit Käptn Peng bei Flotten von Mutanten einiges ab.

Natürlich durfte der Klassiker Sie mögen sich mit einem kleinen Theater Stück inklusive Fuchsmasken von Shaban und Käptn Peng nicht fehlen.

Beim neuen Song vom gleichnamigen Album Identitetris von Pavlidis waren Ben, Shaban (der für den ursprünglichen Künstler Lemur einsprang) und der Käptn dabei und rappten zur, mit fetten Beats unterlegten Melodie von Tetris.

Nach einer anschliessenden beeindruckenden Freestyle Einlage von Ben und Käptn Peng kehrten die Tentakel von Delphi zurück auf die Bühne und lieferten noch eine bunte Mischung aus alten und neuen Songs ab, mit Gesprächseinlagen, Sockenphilosophie und ner ganzen Menge Spass.

Mein Fazit

Im Gesamten muss ich sagen, dass mich die Songs des Abends auch noch Tage später beschäftigen und zum Nachdenken anregen. Jedoch war es an diesem Abend mitunter anstrengend konzentriert zuzuhören, den Inhalt zu verarbeiten, den Beats zu lauschen und seine eigenen Gedanken dazu zu sammeln, sodass man am Ende des Abends fertig, aber zufrieden zurückbleibt.

Jeder der mal was Neues ausprobieren und seinen Horizont erweitern möchte, dem kann ich nur empfehlen, traut euch an Das nullte Kapitel von Käptn Peng und die Tentakel von Delphi oder an Identitetris von Pavlidis ran!

 

[ngg_images source=“galleries“ container_ids=“783″ display_type=“photocrati-nextgen_pro_masonry“ size=“180″ padding=“10″ ngg_triggers_display=“always“ captions_enabled=“0″ captions_display_sharing=“1″ captions_display_title=“1″ captions_display_description=“1″ captions_animation=“slideup“ order_by=“sortorder“ order_direction=“ASC“ returns=“included“ maximum_entity_count=“500″]