Bild: Janosch Tröhler

Okkulte Messe

Zeal & Ardor in Schaffhausen

Eine Verbeugung an die Dunkelheit, eine Huldigung an den Abgrund. Vermischt mit elektrisierender Euphorie und der Kraft des Urknalls. Zeal & Ardor und Sooma inszenierten in der Kammgarn zu Schaffhausen eine transzendente Erfahrung sondergleichen.

Eingeläutet wurde die Zelebration durch Sooma, ein unverbrauchtes Trio der Gewalt. Erbarmungslos malträtierten die Sprosse des Zürcher Untergrunds ihre Instrumente, gossen ein hypnotisches Fundament aus Bass und Trommeln. In eskalierenden Passagen steigerten sie sich vom bleischweren Groove, über dreckigen Krach, bis zum dystopischen Rock’n’Roll.

Sooma aus Zürich in der Kammgarn Schaffhausen
Sooma. Bild: Janosch Tröhler

Bereits jetzt, nach diesem ersten Höllenritt, vibrierte die Luft in der zum Tempel umfunktionieren, ehemaligen Fabrikhalle. Erwartung füllt den Raum und Bier die Kehlen. Hier, im hohen Norden der Alpenrepublik, ist vieles noch einfacher, bemerkt man, wenn der Alkohol im Glas ausgeschenkt wird.

Naturgewalt

Und dann tauchte die Kammgarn wieder in die Finsternis ab. Untermalt mit Sacrilegium I betreten sechs Silhouetten die Kanzel. Jubel schlägt den Zeremonienmeistern namens Zeal & Ardor entgegen.

Zeal & Ardor in der Kammgarn Schaffhausen
Zeal & Ardor, die Zeremonienmeister einer okkulten Messe. Bild: Janosch Tröhler

Es ist eine erstaunliche Geschichte. Vor gerade einmal zwei Jahren entsprang dieses Projekt dem Rheinknie. Erst als Experiment des Musikers Manuel Gagneux skizziert, wurde der unvergleichbare Sound zum Phänomen. Devil Is Fine, diese erste Manifestation des Gefüges von Black Metal und Gospel, bleibt heute kaum mehr als eine Bibliothek der Ideen.

Das genügte bereits, um Zeal & Ardor in Höhen transzendieren zu lassen, die nie geplant waren. Wie ein Erdbeben erschütterte diese Avantgarde die verknöcherte Metal-Kultur. Zum ersten Konzert im April 2017 in der Basler Kaserne flogen Journalisten aus Grossbritannien und Holland ein, um dieses Phänomen zu sezieren. Und spätestens mit Stranger Fruit, dem letztjährigen und ersten vollwertigen Album, ist die unerwartete Naturgewalt nicht mehr wegzudenken.

Manuel Gagneux von Zeal & Ardor

Right hand up, left hand down
Flame on the top and a moon around

Seit der teuflischen Taufe in Basel lässt sich bei Zeal & Ardor einen beispiellosen Aufstieg nachzeichnen. Mit unverschämter Sicherheit pflügen sie sich durch die Setlist. Mit Leichtigkeit variieren sie ihre höllischen Hymnen.

Gagneux verzerrt das Gesicht, das Publikum verfällt in ekstatische Trance. Die Arme in die Luft gereckt, die Augen geschlossen, voller Inbrunst in den Lungen. «A good god is a dead one! A good god is the one that brings the fire!», schallt es aus den Kehlen der Verquickten. Es ist eine Katharsis, so wie sie sich in den Fluss der Endorphine stürzen.

Die rohe Kraft dieser archaischen Musik lässt sich nicht bannen. Keine Technologie dieser Welt vermag es, dieses Ritual festzuhalten. Eine Erkenntnis, die einem als kalter Schauer der Ehrfurcht in die Gliedmassen fährt. Das Mysterium Zeal & Ardor und ihre satanische Magie bleibt versiegelt, bis man die körperliche Erfahrung dieser okkulten Messe gemacht hat.

Zeal & Ardor in der Kammgarn
Bild: Janosch Tröhler

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