Die Low-Budget-Produktion «Capital C» von den Freunden Jørg M. Kundinger und Timon Birkhofer zeigt auf eindrückliche und sehr persönliche Art, wie ganz normale Menschen mit guten Ideen es schaffen, ihre Träume zu verwirklichen.
Zu Beginn der Dokumentation Capital C fährt ein farbig besprayter Lastwagen vor die Kamera, ein etwas verwildert aussehender junger Mann steigt aus und schlendert lässig über die Strasse. Es handelt sich um Zach Crain, einen liebenswürdigen, etwas abgedrehten Überlebenskünstler, der mithilfe zweier Freunde eine einfache Idee in die Tat umgesetzt hat: gestrickte Überzieher für Flaschen jeder Form und Grösse. Diese Dinger können den Inhalt der Flasche nicht kühlen oder wärmen, sie werden auch nicht benutzt, um das Tragen der Flasche zu erleichtern, nein, eigentlich sind sie nutzlos; aber „Freaker USA“ hat sich im Herkunftsland der chaotischen Freunde verbreitet wie ein Lauffeuer und wurde sogar von grossen Firmen kopiert, welche die Rechnung allerdings ohne die Original-Freaker-Fans gemacht hatten: Shitstorms brachen über die Made-In-China-Produkte und ihre Vertreiber herein, man bleibt Freaker treu; und als die drei Jungunternehmer ausgeraubt werden, trommelt man alles, was Beine hat, zu einer Wohltätigkeitsveranstaltung zusammen. Nichts kann die Erfinder stoppen. Und sie sind und bleiben unvergleichbar; in der amerikanischen Version von Höhle des Löwen, Shark Tank, wird Zach ein grossartiger Deal angeboten, für den sie aber 50% der Firma an den Sponsor abtreten müssten. Dass er den Deal ablehnt, passt genauso zu dem hippen Komiker wie die Abschlussbotschaft am Ende des Films, dass er das Publikum gerne umarmen würde, das aber ja nicht gehe; und die Filmemacher werfen zum Trost dann einige Freaker ins Publikum, mit freundlichem Gruss, natürlich.
Spotted @FreakerUSA! Love seeing that they’ve made it to the west coast! #freakerusa pic.twitter.com/7CRuiDJSPt
— Alyssa Barajas (@alyssa_barajas) 12. April 2014
#freakerusa #cucalorus #BorschtFF Our bottles have sweaters! pic.twitter.com/bNQs544T
— Farah White (@farahwhite) 15. Dezember 2012
Brian Fargo ist ein etwas anderer Fall; als die Computertechnologie noch in den Kinderschuhen steckte, entwarf er sein erstes erfolgreiches Videogame, „Wasteland“. Obwohl es beliebt war und ihn mehr oder weniger reich machte, konnte er zwanzig Jahre lang keinen Abnehmer mehr finden für weitere Kreationen; schliesslich gelang es, und der Reboot von „Wasteland“ wurde von den Konsumenten sofort ins Herz geschlossen.
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Die wohl berührendste Geschichte ist die von Jackson Robinson, welcher Tag und Nacht dafür schuftet, seine Kunst auszuleben; er kreiert wunderschöne Kartensets, was ihn Nachtschichten noch und nöcher kostet. Weil er dazu aber noch einem normalen Job als Illustrator nachgeht leidet seine Familie zusehends unter seiner Kunst; doch auch ihm wird es gelingen, sich selbstständig und seine Kunst zu seinem Beruf zu machen.
Die drei Geschichten haben nicht nur gemeinsam, dass sie nette, engagierte Leute dabei zeigen, wie sie das tun, was ihnen am meisten Spass macht. Gemeinsam ist ihnen vor allem, dass alle drei ohne Crowdfunding wohl schon sehr früh wieder mit dem hätten aufhören müssen, worin sie ihren Lebenssinn gefunden hatten. Zack Crain und seine Partner sind mausarme junge Hippies, Brian Fargo kämpfte Jahrzehnte lang für Anerkennung, die er nicht erhielt, und Jackson Robinson musste mit einem Hungerjob seine junge Familie ernähren. Doch das Modell des Crowdfundings ist folgendes: jeder, der seine Idee verkaufen kann, wird finanziert, und zwar von jeder x-beliebigen Person, die die Idee unterstützenswert findet. So einfach es auch ist, und so selbstverständlich es auch schon an vielen Orten stattfindet, so unglaublich ist eigentlich, dass es funktioniert. Denn psychologisch gesehen ist es reiner Wahnsinn, anzunehmen, dass ein wildfremder einem beliebig viel Geld gibt, ohne dass er kontrollieren kann, was danach damit geschieht. Doch Crowdfunding ist nicht nur ein Beispiel dafür, was die guten Seiten des Internets sind, es ist auch symbolisch dafür, wie sich unsere Gesellschaft verändert hat und wozu wir als Individuen, die sich zu einer Crowd zusammenschliessen, in der Lage sind. Es war höchste Zeit, dass jemand diesem Phänomen eine Bühne bot; die beiden Filmemacher haben dabei ganze Arbeit geleistet und auf hoch professionelle und wahnsinnig unterhaltende und mitreissende Art und Weise ein Werk geschaffen, das sich eigentlich jeder einzelne Mensch auf der Welt ansehen sollte, weil es Hoffnung bringt, auf eine Weise, wie man sich das vor einigen Jahren noch nicht hätte vorstellen können.
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