Die Albenverkäufe brachen auch 2013 weiter ein. Etwas mehr als acht Prozent weniger silberne Scheiben wurden in den USA verkauft. Doch ein anderer Tonträger feiert ein überraschendes Comeback.
Als ich 15 war, sagte mein Onkel folgenden Satz zu mir:
[su_quote]Junge, wer heute etwas auf sich hält, veröffentlicht auf Vinyl.[/su_quote]
Damals wusste ich nicht, wie weise mein Onkel war. Er, der selbst Schallplatten hortet wie ein Eichhörnchen Nüsse für den langen, digitalen Winter.
Das war 2005. Da hatte die Firma SoundScan schon einige Jahre die verkauften Platten gezählt. Im Jahr 2013 kauften die Amerikaner wieder Musik auf Vinyl und zwar gewaltig. Über sechs Millionen. Natürlich ist das schwarze Plastik immer noch ein schmächtiger Winzling im Vergleich zu den CDs oder den Streams (siehe Statistik). Doch die Rückkehr der ästhetischen Scheiben zeigt sich noch stärker in der Langzeitentwicklung. In den letzten zehn Jahren stiegen die Verkäufe um 250 Prozent, während die Gesamtzahl der Musikverkäufe um 50% sank.
Zwischen Ästhetik und Mythos
Die Schallplatte ist eine wunderbare Demonstration des Rieplschen Gesetzes: Ein Medium, das sich einmal etabliert hat, wird niemals komplett verdrängt. Doch das ist nur eine simple Tatsache. Die eigentliche Frage ist wie so oft: Warum? Da scheiden sich die Geister. Der eine meint, eine Plattensammlung gut bei den Frauen an. Ein anderer findet, dass der Bass so richtig reinfetzt. Dann gibt’s die Ästheten, die sich ob den grossen Covern erfreuen. Und ein Kumpel fasst es so zusammen:
[su_quote]5 Prozent Cover, 20 Prozent Knistern, 75 Prozent Mystik und Legenden.[/su_quote]
Rebellion gegen sterile Digitalisierung
Wer in seiner Sammlung stöbert, findet oftmals Raritäten, die (noch) nicht digitalisiert wurden. Mit ein Grund, weshalb der Journalist und DJ René Rödiger noch immer an seinen Platten festhält. Mehr noch zählt die Emotion:
@janoschtroehler Ich mag das Gefühl, eine Platte auflegen zu können. Häufig auch grossflächige Grafiken. Und als DJ lege ich nur Platten auf
— Rene Roediger (@djsojus) January 23, 2014
Was immer wieder anklingt: Die Musik wird bewusster gehört. Die Platte muss von Hand gewendet werden. Das Vinyl will gepflegt werden. Es gehört zweifellos ein Know-how dazu, das einen in den exklusiven Club der Schallplatten-Hörer einlädt.
Dieses Bewusstsein und Sich-Bewusstwerden der Kunst greift jedoch viel tiefer. Es ist eine Antithese zu einer sich immer schneller drehenden Welt. Ein rebellisches Statement gegen klinische Reinheit und sterile Perfektion. Ein Protest gegen grau gefärbten Leistungsdruck.
[yop_poll id=“4″]