Der Mann, der die Welt mit Licht ins Netz bringen will

Bild: Nicola Tröhler

Mit einer neuen Technologie will der Physiker Suat Topsu die Welt ins Internet bringen. Li-Fi heisst die erstaunliche Innovation. Ein Gespräch über die Vorteile und Herausforderungen.

Der Physiker Suat Topsu hat eine Vision: Die Menschen der ganzen Welt ins Internet bringen. Das ist nicht wirklich revolutionär. Aber die Technologie, die er dafür verwenden will, ist bahnbrechend: Li-Fi.

Die Idee von Li-Fi (Light Fidelity) klingt erstaunlich: Das Licht übermittelt Daten und stellt so die Verbindung zum Web her. «Wenn ich den Menschen davon erzählen, gibt es immer diesen Wow-Effekt», erzählt Topsu in einer Bar am Rande des Zermatt Summits. Der französische Wissenschaftler und Unternehmer ist eine bescheidene Person mit wilden Locken. 2012 hat er die Firma Oledcomm gegründet, die heute als Branchenprimus im Bereich Li-Fi gilt.

Eine alte Idee neu gedacht

So innovativ das Konzept sein mag: Tatsächlich ist die Idee schon über 100 Jahre alt. Der erste, der daran herumtüftelte, war Alexander Graham Bell, der Vater des Telefons. 1880 erfand er das «Photophon» zusammen mit seinem Assistenten Charles Sumner Tainter. Allerdings reichten die damaligen Glühbirnen nicht aus um die Technologie wirklich zu entwickeln.

Es war die schwangere Frau von Suat Topsu, die ihm den entscheidenden Antrieb gab, das Bells Idee neu zu denken. Sie hatte einen Fernsehbeitrag über den Einfluss von Radiowellen auf ungeborene Babys gesehen. Diese Wellen, die etwa von Handy-Antennen oder Wi-Fi-Hotspots ausgehen, sollten reduziert werden, fand sie zu ihrem Mann. Also machte sich Topsu an die Arbeit.

«Als wir 2005 anfingen, fokussierten wir auf die Kommunikation zwischen Autos. Damals waren LED-Lampen nur dort installiert», erklärt Topsu. Dank den LEDs wird die Idee von Bell endlich marktfähig. Nur LEDs haben nämlich die Kapazität, mehrere Millionen mal in der Sekunde an- und abgestellt zu werden. So übermittelt Li-Fi die Daten wie ein Morsecode.

Nachteile und Herausforderungen

Li-Fi erreicht so unglaubliche Geschwindigkeiten. Bereits 2013 massen Forscher im Labor 224 Gbits pro Sekunde. Um das in ein Verhältnis zu setzen: Mit dieser Bandbreite lassen sich zehn Filme in einer Sekunde herunterladen.

Trotzdem hat die neue Technologie offensichtliche Nachteile. Im Gegensatz zum Wi-Fi, das auf Radiowellen basiert, kann das Licht natürlich nicht durch Wände gehen. Eine andere Herausforderung ist die Infrastruktur, die es für Li-Fi braucht. Topsu meint aber, eine Lösung zu haben: «In alten Gebäuden nutzen wir die Power-Light-Kommunikation. Das ist die gleiche Technologie, wie wenn man sein Internet aus der Steckdose bezieht.»

Die Energieeffizienz von Li-Fi ist besser als jene von Wi-Fi. Bild: Nicola Tröhler

Eine Frage, mit der Topsu oft konfrontiert ist, ist jene der Energieeffizienz. Die Ironie der Frage ist dabei nicht von der Hand zu weisen. Wir hinterfragen nie, dass das WLAN ständig aktiv ist. Sobald es um Licht und somit um Sichtbarkeit geht, werden wir kritisch. Allerdings brauchen LEDs weniger Strom als ein Hotspot. Zudem sind die Lampen fähig, in einem Lichtspektrum zu arbeiten, das vom menschlichen Auge nicht wahrgenommen werden kann.

Dennoch verschliesst sich der Tech-Unternehmer nicht vor den immensen Herausforderungen. «Zuerst müssen wir die Produktion vergrössern und gleichzeitig die Qualität wahren. Dafür müssen wir Partnerschaften eingehen, die immer viel Zeit in Anspruch nehmen. Dann müssen die Installateure trainiert werden, damit sie die Li-Fi-Technologie einbauen können.»

Der Schlüssel zum Erfolg, so Topsu, sei Geduld. «Wir sind uns gewohnt, alles sofort zu kriegen. Aber richtig disruptive Technologien brauchen Zeit. Es ist umso schwieriger, wenn man dazu die Infrastruktur ändern muss.

Eine helle Zukunft

Trotz der Nachteile von Li-Fi gibt es ein paar Silberstreifen am Horizont. Ein grosser Vorteil ist die verbesserte Sicherheit. «Oft kommen Unternehmen auf uns zu, die Li-Fi in Sitzungszimmer installieren möchten», verrät Topsu. Denn anders als beim Wi-Fi muss man tatsächlich im Raum sein um die Daten abfangen zu können. «Intrinsische Sicherheit» nennt Topsu diesen wichtigen Aspekt.

«Li-Fi alleine reicht für eine ständige Verbindung nicht aus.»

Der Unternehmer sieht eine goldene Zukunft für die Technologie. «Heute sind wir noch im Nischenmarkt. Aber 2022, wenn 5G ausgerollt wird, haben wir den Massenmarkt vor uns.»

Topsu hat dafür mit dem Komitee für den 5G-Standard zusammengearbeitet um Li-Fi ins Protokoll aufzunehmen. So werden auch die Hersteller von Computern oder Smartphones die Empfänger einbauen müssen. Topsu gibt aber zu: «Li-Fi alleine reicht für eine ständige Verbindung nicht aus. Deshalb wird 5G ein Mix verschiedener Technologien werden: Li-Fi, Wi-Fi und das Funknetz. Das Gerät entscheidet dann automatisch, welches Netzwerk es nutzt. Als Nutzer muss man sich nicht mehr kümmern.»

Dr. Suat Topsu in Zermatt. Bild: Nicola Tröhler

Die Welt verbessern

Suat Topsu ist ein Realist. Er verkauft seine Ideen nicht mit übertriebenem Enthusiasmus, wie wir es von anderen Unternehmern kennen. Nur manchmal wird er leidenschaftlich: Er sieht in Li-Fi ein Mittel, die Welt zu verbessern. Mit seiner Firma hat er verschiedene Test-Installationen gemacht. In Museen, aber auch in Spitälern. Oder in der U-Bahn, wo Li-Fi blinde Menschen mit der nötigen Präzision führen kann.

«Unsere Mission ist Dinge und Menschen zu vernetzen, indem wir die 14 Milliarden Lichtpunkte auf dem Planeten in ein mächtiges und sicheres Kommunikationsnetzwerk verwandeln», schreibt Oledcomm auf seiner Website. Für Suat Topsu heisst das: Menschen den Zugang zu Informationen gewähren – schneller und nachhaltiger.