«Was für uns Cosplay ausmacht, ist der Schaffensprozess»

Bilder: Marco Aversano

Costume Play, auch Cosplay genannt, hat seinen Ursprung in Japan. Als die Anime- und Manga-Fangemeinde zu Beginn der 90er-Jahre in Europa und den USA stetig wuchs, brachte dies auch den Trend des Cosplayen mit nach Deutschland. Ein Interview mit zwei langjährigen Cosplayern.

Beim Cosplay wird eine Figur aus einem Manga, Anime, Computerspiel, einem Film oder ähnlichem möglichst originalgetreu dargestellt. Was für viele Aussenstehende eher wie Karneval oder Fasching aussieht, ist für die Cosplayer mehr als nur eine Verkleidung. Cosplayer stellen ihre Kostüme entweder selbst her oder investieren viel Zeit und Geld in die Auswahl der Kostüme und Accessoires.

Das Ergebnis der Bemühungen wird dann auf Conventions (in Deutschland zum Beispiel die Connichi, Comic-Con, Animagic oder der Frankfurter Buchmesse) präsentiert. Häufig gibt es auch Wettbewerbe, auf denen nicht nur das Kostüm, sondern auch ein kleines Schauspiel des jeweiligen Spiel- oder Comic-Charakters präsentiert und nach bestimmten Kriterien bewertet wird.

Um etwas hinter die Kulissen zu blicken, habe ich mich mit Izzy und Maxi, zwei langjährigen Cosplayern, über ihre Leidenschaft unterhalten.

_M1P4081

Wie seid ihr dazu gekommen, mit dem Cosplayen zu beginnen?

Maxi: Meine Freundin war schon lange Cosplayerin und hat mich auf die Idee gebracht, mal etwas Neues auszuprobieren. Sie sagte, ich sähe der Figur Baby Doll aus dem Film Sucker Punch ähnlich und animierte mich dazu, doch auch mal ein Cosplay zu erstellen. So kam es dann auch, dass ich sie 2011 als Baby Doll zur Connichi begleitet habe.

Izzy: Ich habe Bilder von Cosplayern im Netz gesehen und war absolut fasziniert von den Kostümen und der Darstellung. «Das ist cool, das möchte ich auch können», dachte ich mir. Gesagt getan; ich habe 2009 mein erstes Cosplay erstellt.

_M1P4120

Lieber selber ein Kostüm herstellen oder eines kaufen?

Izzy und Maxi: Auf jeden Fall selber anfertigen!

Maxi: Das Problem bei einem gekauften Kostüm ist, dass diese oft schlecht sitzen und vor allem den eigenen Ansprüchen nicht gerecht werden. Wenn ich ein Kostüm kaufen würde, dann nur von jemandem, bei dem ich mir sicher sein kann, dass die Qualität stimmt. Das ist bei Kostümen von der Stange leider selten gewährleistet.

Izzy: Grundsätzlich finde ich, ist das Kaufen eines Kostümes gerade für Anfänger vollkommen okay. Es macht jedoch für mich einen Unterschied, was man aus dem Gekauften macht. Wenn man es etwas abändert und durch Accessoires und passende Perücken aufpeppt, kann auch ein gekauftes Cosplay toll und individuell aussehen. Wenn man jedoch ein Kostüm kauft, es sich überzieht, nicht weiter auf die Details achtet, und sich damit «verkleidet», finde ich das etwas lieblos.

Izzy und Maxi: Das, was für uns beide das Cosplayen ausmacht, ist vor allem der Schaffensprozess. Als Cosplayer investiert man eine Menge Zeit und Geld in die Planung und Erstellung eines Kostüms. Nach der Convention ist vor der Convention… Und obwohl man ein ganzes Jahr Zeit für die Umsetzung hat, sind die letzten Tage vor dem Event die stressigsten. Da man nie ganz zufrieden ist und immer noch etwas verbessern möchte, sitzt man häufig bis spät in die Nacht an dem Kostüm, um ihm den letzten Schliff zu geben. Die Präsentation am Tag darauf ist nur die Belohnung für die ganze Arbeit.

_M1P4084

Gibt es in der Cosplayszene eurer Meinung nach ein großes Konkurrenzverhalten?

Maxi: Es herrscht durch die Präsentation von Äusserlichkeiten schon eine große Konkurrenz und auch viel Neid. Aber genauso viele super liebe Menschen triffst du auch, mit denen man sich austauscht und die deine Arbeit anerkennen. Wenn mir ein Cosplay auf einer Convention gefällt, verteile ich auch gerne Lob; das gehört einfach dazu. Schon alleine dadurch ist es leicht, neue Bekanntschaften und auch Freundschaften zu knüpfen.

Izzy: Es gibt Leute, die cosplayen weil es ihr Hobby ist, und sie Spass daran haben und es gibt Leute, die sich nur zur Selbstbestätigung präsentieren und auf Kosten anderer in den Vordergrund drängen wollen (ungeachtet der Qualität ihrer Arbeit). Aber die gibt es wohl in jeder Szene.

Maxi: Du bist Model, Visagist, Fotograf, Schneider und Hairstylist und präsentierst deine Arbeit, da kommt man um Kritik und Neid nicht herum. Daher kann ich nur jedem Cosplayer empfehlen, einen Charakter zu wählen, der irgendwie zu seinem eigentlichen Erscheinungsbild, zumindest proportional, passt und in dem man sich wohl fühlt. Denn nur dann kann man das Kostüm auch selbstsicher und überzeugend präsentieren.

_M1P4097

Wie reagiert euer Umfeld oder andere Aussenstehende auf euer Hobby?

Maxi: Kinder stehen total auf die Cosplays; spätestens wenn man wie eine Prinzessin gekleidet ist, möchten die ein Foto mit dir haben. Deine Schuhe drücken, das Kostüm ist super schwer, aber du hockst dich trotzdem gerne hin und machst mit dem Kleinen ein Foto. Das sind die schönsten und lohnenswerten Momente der Präsentation.

Izzy und Maxi: Das direkte Umfeld kann häufig relativ wenig damit anfangen, ist aber an dem Ergebnis schon interessiert. Häufig kommen so Aussagen wie «Das ist doch nur was für Kinder» oder «Das ist ja wie Verkleiden im Karneval»; aber am Ende erhält man trotzdem Anerkennung für die Arbeit, die darin steckt. Das bestätigt einen auch bei dem, was man tut.

Richtig negative Reaktionen haben wir nur auf Conventions erhalten. Besonders vorbeilaufende Jugendliche machen sich über einen lustig; aber da steht man drüber. Was wirklich ein Problem ist, sind Leute die einen ungefragt fotografieren, besonders in unpassenden Momenten (zum Beispiel beim Essen) und Leute, die einen selbst oder nur das Kostüm einfach ungefragt anfassen. Da wünscht man sich als Cosplayer etwas mehr Respekt und Rücksicht auf die eigene Privatspähre.

Aber wir freuen uns trotzdem über jeden Interessierten und stehen auf Nachfrage gerne für ein Foto still.

Woher bekommt ihr eure Ideen für ein neues Cosplay?

Maxi: Du suchst keine Inspiration, die Inspiration sucht und findet dich, ob du willst oder nicht.

Izzy und Maxi: Das Internet mit Portalen wie zum Beispiel Tumblr und natürlich Filme und Freunde sind super Ideengeber. Häufig hat man mehr Ideen als Zeit und Geld, um diese auch wirklich umsetzen zu können.

_M1P4125

Was war bis jetzt euer Lieblingscosplay?

Izzy: Bei mir ist das die Figur Wendy aus Peter Pan, da es mein erstes Cosplay war und ich eine wundervolle Convention in diesem Kostüm erlebt habe. Für mich sind es vor allem die Erfahrungen, die ich in einem Cosplay mache, die das Kostüm besonders machen. Das Gefühl, zum ersten Mal etwas selber geschaffen zu haben und dafür Anerkennung zu erhalten, macht es für mich einfach unschlagbar.

Maxi: Für mich gibt es drei Kostüme, die mir aus verschiedenen Gründen sehr am Herzen liegen und zwischen denen ich mich auch nicht entscheiden könnte und möchte.

Zum einen meine Version des Drow Ranger aus dem Online-Spiel Dota 2, da das Erstellen einer Rüstung eine ziemliche Herausforderung für mich war.

Dann Prinzessin Celestia aus der Serie My little Pony, da ich hier zum ersten Mal mit LED gearbeitet und mir selber Flügel gebaut habe.

Und zu guter Letzt mein Kostüm aus diesem Jahr. Prinzessin Elsa aus dem Film Frozen in einer Lolita-Barock-Version. Da ich dort so viel Handarbeit, Blut, Schweiss, Tränen und auch Geld rein gesteckt habe, dass ich einfach mächtig stolz auf das fertige Cosplay bin.

_M1P4111

Was ratet ihr Menschen die gerne mit dem Cosplayen anfangen möchten?

Maxi und Izzy: Sucht euch am Anfang am besten jemanden, der nähen kann oder schon mal mit Stoffen gearbeitet hat. Nehmt euch nichts zu Grosses oder Aufwendiges vor; auch wenn man gerne mit einem pompösen Kleid oder einer kompletten Rüstung starten möchte. Dann besteht die Gefahr, dass ihr schnell den Spass an der Sache verliert, schon allein, weil manche Dinge nicht unseren physikalischen Grundgesetzen entsprechen. Wähle ein Cosplay aus, was zu dir und deinen Proportionen passt und in dem du dich wohl fühlst und pass das Cosplay für dich entsprechend an. Am Anfang sollte man außerdem eine Menge Geduld haben und man darf sich nicht entmutigen lassen, wenn nicht alles auf Anhieb klappt. Kauft ruhig ein Basiskostüm und passt es mit verschiedenen Accessoires und einer schönen Perücke an, oder wählt etwas, was ihr mit eurer Alltagskleidung erstellen könnt. Schaut euch Tutorials auf Youtube an und orientiert euch ruhig an Leuten, die das Cosplay schon gemacht haben. Seid offen und mutig, dann findet ihr auch schnell neue Kontakte, mit denen ihr euch austauschen und von denen ihr lernen könnt. Und habt Spaß!

Somit bleibt wohl abschließend nur zu sagen: Cosplay ist mehr als nur eine Verkleidung…es ist die Liebe zum Detail.

_M1P4079