Biffy Clyro abgespeckt für MTV Unplugged

Bild: zvg

Umgarnt von einem düster inszenierten Märchenwald haben die schottischen Alt-Rocker von Biffy Clyro für MTV Unplugged im Londoner Roundhouse vor etwas mehr als 3000 Fans ein Akustik-Album eingespielt. Eines mit vielen Klassikern und doch irgendwie nicht der Abwechslung, welche man von einer Band, die seit 1995 unterwegs ist, erwartet.

Es gibt umwerfende MTV-Unplugged-Alben wie jene von Nirvana, Alicia Keys, Pearl Jam, Lauryn Hill, Jay-Z oder der legendären Reunion von Jimmy Page und Robert Plant. Dann gibt es viele durchschnittliche Vertreter, deren Namen einem gleich auch wieder entfallen und zu guter Letzt gibt es noch die Vertreter, denen der Sender lieber keine akustische Freikarte hätte geben sollen. Dies da wären für meinen Geschmack Kiss, Hole, Lil Wayne oder der damalige Maskenmann Sido. Nun folgt mit Biffy Clyro ein vielversprechender Vertreter für die wohl bekannteste Akustik-Album-Reihe der Welt.

«Mon The Biff» und los geht’s

Biffy Clyro finden sich bei der ganzen Auswahl an MTV-Unplugged-Vertretern im oberen Durchschnitt. Denn was die drei Schotten abliefern ist zwar alles andere als schlecht, gross etwas gewagt hat sich die Band für diesen doch eher speziellen Anlass leider nicht allzu viel.

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Biffy Clyro Unplugged Artwork

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Das 15 Songs umfassende Live-Album mag sich beim Lesen der Tracklist nach viel anhören. Doch wenn es darum, welchen Teil der sieben Studioalben umfassenden Diskografie das Trio wirklich abdeckt, bleiben schlussendlich Erfolgsalben der jüngeren Vergangenheit übrig. Sprich: Vor allem die letzten drei Alben Ellipsis, Opposites und Only Revolutions werden abgedeckt.

Letzteres bietet den Eröffnungstrack des Unplugged Bouquet: Bevor Sänger Simon Neil zu dem 2009 erschienenen Klassiker ansetzen kann hallt der Kampfschrei der Biffy-Clyro-Jünger durchs prall gefüllte Roundhouse. «Mon The Biff» schlägt es den Musikern entgegen, bevor sie abgespeckten Emo-Alt-Rock-Abend ansetzen.

Wuchtige Songs mal ganz filigran

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Songs wie Black Chandelier vom vom 2013 erschienen Doppelalbum Opposites kommt trotz akustischer Ausstattung wuchtig daher, doch manch anderer Song will in solch reduzierter Atmosphäre nicht funktionieren. God Only Knows klingt zu sehr nach Lagerfeuer-Romanze und Neils Stimme ist teils nahe dem Verfall. Songs mit Nerven zerrenden hohen Gesangslagen lassen sich im Unplugged-Setup nicht hinter brachialen Gitarrenwänden verstecken. Bei Re-arrange spielt die Stimme noch mit, wenn es um die hohen Töne geht.

Doch spätestens bei Bubbles, einem eigentlichen Reisser der aus Kilmarnock stammenden Haudegen, muss das Publikum ordentlich nachhelfen. Dieses singt jedoch durchs ganze Konzert hinweg tatkräftig mit, was diesem MTV Unplugged einen speziellen Touch verleiht. Man merkt: Hier hockt eine grosse Gemeinschaft, ja wenn nicht sogar eine innige Familie, beieinander und unterstützt ihre Helden. Wenns sein muss halt auch dort, wo die Band aufgrund der Umstände nicht mehr herausholen kann.

Durchatmen, Nachdenken und Wunden heilen

Gegen Ende wirds mit Medicinie vom letzten Album Ellipsis nochmals zerbrechlich und verletzlich. Ohne viel drumherum setzt Simon mit Gitarre und Stimme zur Gefühlsflut an und regt mit Songzeilen wie «You invent your problems and then you sell them“ zum Nachdenken und Dahinschwelgen nach.

Biffy Clyro, das ist Musik für Leute, die es nicht immer einfach in ihrem Leben hatten oder haben und sich schwer tun mit dem ach so starken Wort Liebe. Sie als Emos oder jammernde Rock-Barden abzutun, wäre nicht fair, auch wenn vor allem der durch die Lagerfeuer-Romantik getrimmte Bühnenbau ihres Unplugged-Konzerts an Männer mit gebrochenen Herzen mit sechs Saiten als Heilmittel erinnert.

Es ist ein Album, das zwar mehr Bandgeschichte verträgt hätte und den ein oder anderen Patzer weniger, doch gerade die humorvolle und ehrliche Art der Combo in sowie zwischen ihren Liedern, rundet die Sammlung wohlig ab. In dem Sinne: «Mon The Biff», und wer nicht genug hat, haut sich die fehlenden Klassiker anschliessend in voller Pracht direkt von den alten Scheiben direkt in die Gehörgänge.

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