«Hit the ground running»

Go Go Berlin luden am 1. Oktober im Dynamo zu einem Konzert ein; nach «New Gold» (2014) präsentierten sie ihr neues Album «Electric Lives»Vorher nahmen sich die fünf Dänen Zeit, mit uns über die Tour, alte Zeiten und die Zukunft zu plaudern.

Wenn man Christian, Christoffer, Emil, Anders und Mikkel die Treppen vom Jugendtreff Dynamo zum Tourbus erklimmen sieht, könnte man sie genauso gut für die Rolling Stones halten; so lässig präsentieren Go Go Berlin ihre massgeschneiderte Rockstar-Attitüde. Lederjacken, wildes Haar und hier und da ein verspieltes Tattoo lassen einen glauben, dass sie eine Band sind, die es geschafft hat. Weltruhm hallo.

Obwohl sie musikalisch locker mit den ganz Grossen mithalten könnten, hat es mit dem Weltruhm aber noch nicht so ganz klappen wollen; auch auf dieser, grösseren Tour werden «nur» Dänemark, Deutschland, die Schweiz und Österreich abgeklappert. Und auf die Frage, welchen Preis sie am liebsten gewinnen würden, antwortet Christian Vium wie aus der Pistole geschossen: «Anything!»

Das ist das erste Mal, dass ich in einem Tourbus sitze.

Christian: Unseres auch! Vor dieser Tour sind wir noch nie so bequem gereist.

Christoffer: Es ist echt luxuriös, wir reisen nachts und haben deshalb in der Stadt, in der wir auftreten, jeweils Zeit, etwas zu unternehmen.

Wie gefällt euch die Schweiz? Was treibt ihr so?

Mikkel: Ich liebe Zürich. Schon letztes Mal mochte ich die Altstadt so gerne, da ist es echt schön.

Christian: Ich habe mir das neue Album von The Dead Weather gekauft. Aber ich kann’s mir nicht anhören, weil es Vinyl ist.

Was hat euch verändert, seit wir uns das letzte Mal sahen? Das ist jetzt anderthalb Jahre her, damals wart ihr kurz davor, euer erstes Album zu veröffentlichen.

Christian: Wir reisen jetzt in einem Tourbus!

Jetzt kam bereits euer zweites Album raus. Was ist der grösste Unterschied zwischen New Gold und Electric Lives?

Christian: Bei diesem zweiten Album lief alles sehr viel professioneller. Wir machen pre-productions, wir gehen sehr vorbereitet ins Studio und haben einen Plan, was wann wie gemacht wird. Bei New Gold sind einige Songs zum Teil erst im Studio selbst entstanden. Seit einiger Zeit wirkt auch Anders etwas mehr beim Songschreiben mit, oftmals spielt er und ich komme dazu.

Anders: Wir waren im Allgemeinen viel besser vorbereitet, da waren Ideen vorhanden, die etwas miteinander zu tun hatten.

Mikkel: Beim ersten Album ging es ein bisschen darum, dass wir erste Schritte machen, ein paar Ideen umzusetzen versuchten, wovon auch nicht alles geklappt hat; hit the ground running. Inzwischen sind wir erfahrener und können alles besser einschätzen, wir wissen, wie die Dinge laufen.

Christian: Man könnte alles in allem sagen, dass New Gold gleich zu Beginn mit einem Kugelschreiber geschrieben wurde, und Electric Lives mit einem Bleistift. Wir konnten korrigieren, verbessern, löschen. Und wir haben ein echt teures Studio gemietet. Es musste einfach klappen.

Sind auf dem neuen Album auch Songs, die aus der Zeit von New Gold stammen?

Christoffer: Ja, ich glaube einige sind sogar vor dem ersten Album entstanden. Die haben halt nicht so dazu gepasst, weil wir, wie gesagt, viel ausprobiert haben damals. Und wenn sie jetzt passten, haben wir sie draufgetan. Aber auch dieses Mal hatten wir am Ende sicher 17, 18 fertige Songs, es gibt also noch immer Unveröffentlichtes.

Christian: Electric Lives, der Titelsong, ist mindestens so alt wie New Gold, den haben wir schon immer auf Konzerten gespielt.

Was gefällt euch besser, auf Festivals zu spielen oder eine Tour zu machen wie diese?

Emil: Also wenn man so reisen kann, dann auf jeden Fall das Touren!

Christian: Bei Festivals ist es toll, dass man viele Leute erreicht, weil einfach mehr Platz haben. Bei einem Festival in Dänemark, das wir schon als Kinder immer besucht haben und auf dem wir letztes Jahr spielen durften, hatten wir die 7:45-Slot, das war schon cool.

Mikkel: Ich mag auch die Stimmung, und dass es im Sommer stattfindet.

Christoffer: Ich glaube aber, man kann es nicht wirklich vergleichen. Es sind vollkommen verschiedene Dinge, und es hat beides Vor- und Nachteile. Bei einem Festival bist du nicht so lange weg wie auf Tour, dafür siehst du so viele Städte, wenn du herum reisen kannst. Und du merkst, wie viele Leute sich für dich interessieren, die wirklich deinetwegen kommen und Geld bezahlen, um dich spielen zu sehen.

Welcher Preis stellte die grösste Ehre für euch dar?

Anders: Dass wir letztes Jahr für das beste Album ausgezeichnet wurden, das war toll.

Mikkel: Es war auch einfach witzig, weil wir, als wir die Nachricht erhielten, gerade auf dem Weg an ein Konzert waren und unser Auto den Geist aufgegeben hatte; wir hatten das Gefühl, es nicht mehr rechtzeitig zum Gig zu schaffen. Und dann kauften wir uns an irgendeiner Tankstelle eine Flasche Champagner, um zu feiern.

Da ihr nun doch schon einige Zeit als Musiker euer Geld verdient: was ist anders daran, dieses Leben zu führen, als ihr erwartet hattet? Und was ist genau so, wie man es sich vorstellt?

(langes Nachdenken)

Emil: Was ich nicht so mag und unterschätzt hatte, ist, wie viel Papierkram es zu erledigen gibt. Oder gab, bevor wir einen Typen einstellen konnten, der es für uns übernahm. Du denkst, du lebst ein tolles Leben als Musiker im Tourbus, und dann füllst du ständig Formulare aus und liest irgendwelchen Kram.

Christian: Und ich mag es nicht, wie man sich selbst vermarkten muss. Ständig soll man Bilder auf Facebook und Instagram hochladen um zu zeigen, wo man ist und was man tut; ich mag diese Plattformen nicht, und ich will selbst entscheiden, was ich mit den Leuten teile. Ich will sie an Dingen teilhaben lassen, die ich für interessant oder wichtig halte, nicht, wo wir gerade ein Eis essen gehen.

Mikkel: Aber abgesehen davon…

Christian: Abgesehen davon ist es toll. Und das Musik machen, das ist besser, als man es sich je träumen lassen könnte.