Mac DeMarco – This Old Dog

Bild: zvg

Für einmal in das Plätschern und den nebligen Hall des Grimassen-Experten und Jizz Jazz-Fetischisten Mac DeMarco eintauchen: Wir haben uns vor dem Release seines neuen Albums «This Old Dog» sozusagen die volle Dröhnung Chiller-Mucke gegeben und uns eine Woche Wellness-Urlaub gespart.

Albumkritiken aus der Ich-Perspektive zu schreiben ist nicht die Norm, aber für ein spezielles Album gilt es auch ein wenig in die Trickkiste zu greifen und sich abseits der eigenen Komfortzone zu bewegen, sowie auch dem Leser für einmal nicht das trockene ABC eines Reviews um die Ohren zu buttern. Deshalb ist dieser einleitende Teil hierzu der wohl unpersönlichste, denn ab dem nächsten Absatz wechseln wir um Mac DeMarco gerecht zu werden, wie auch zu eurem Vergnügen, in die Egoperspektive. Und nein, dies weder aus Langeweile noch aus Klickzahlen-Steigerung.

Zu meiner Schande muss ich ja trotz Status als wandelndes Musiklexikon oder «Real Life Shazam Anlaufstelle» gestehen, dass ich mich bis anhin nie sonderlich für Vernor Winfield McBriare Smith IV – so heisst der Mac DeMarco im echten Leben – interessiert, geschweige denn bewusst seine Musik gehört habe. Auch könnte ich keine einzige Scheibe seiner bisherigen Diskografie beim Namen nennen, geschweige denn einen einzelnen Song betiteln.

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MacDeMarco - Coley Brown
Marc DeMarco strahlt wie die Sonne in seinen Songs. Bild: Coley Brown

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Nicht dass er mir nie sympathisch war, doch bei der überbordenden Auswahl an guter Musik – oder sagen wir einfach an Musik – heutzutage, strapaziere ich meine Ohren längst nicht mit jedem Künstler der hiesigen Indie-, Alternativ-e oder teils auch einfach Arty Farty-Musikszene. Weitere Beispiele aus der Sparte «Scheint jeder zu hören und zu feiern, ist mir aber Wurst» wären da The War On Drugs, Band Of Horses, Frank Turner oder Father John Misty – obwohl Zweitletzter eine ziemlich coole Socke ist, letzterer dafür wahrlich einiges zu omnipräsent ist in Relation, was da so rauskommt.

Bei Mac DeMarco ist es jedoch nicht so, dass mich der aus Duncan, Kanada stammende Herr nicht anspricht oder kalt lässt, sondern vielmehr habe ich mir einfach nie bewusst Zeit für diese Ikone genommen, der für die Ahornblatt-Nation in etwa das ist, was Jamie T für England darstellt. Also der Inbegriff von Coolness und Gewieftheit, vermengt mit einer gesunden Portion Rock’n’Roll. Nicht dieser erzwungenen Arctic Monkeys-Sonnenbrille-Lederjacken Art von Rock’n’Roll, sondern dieser glaubwürdigen Rülps-Furz-Buddy-Version. Schliesslich ist der Mac gechillter als jeder Kanadier am amerikanischen Black Friday Sale und zurzeit sogar auf der Suche nach einem Dank Meme-Spezialisten für seine Spasstruppe.

#Friday

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Nun aber genug ausgeholt, es soll hier ja auch letztendlich um DeMarcos neusten musikalischen Wurf namens This Old Dog gehen. Der dreizehn Songs umfassende Sommerabend-, Skatepark-, Fummel-, Haschkommunen-Soundtrack gleitet durchs Band weg angenehm schwebend dahin wie ein immer fröhlicher Shiba Inu auf Roller Blades. So einen habe ich jeweils vor Augen, wenn mir die Klänge vom Titelstück This Old Dog oder On The Level mit 70er-Softporno-Smoothness ins Gehör rieseln – inklusive passendem lilabunten Abendhimmel, Wellengang in Slow Motion und der ein oder anderen Ananas.

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So locker-flockig wie Angus Stone auf seinem letztjährigen Album als Dope Lemon oder Julia Jacklin auf ihrem Debüt Don’t Let The Kids Win, so leichtfüssig-treibend ist Mac DeMarcos Stimme und Gitarrenspiel – der Junge besitzt laut seinem Instagram Kanal Tonnen an crème-farbenen Fender Strats – auf knapp drei-minütigen Perlen wie One Another oder A Wolf That Wears Sheeps Clothes, die mir beim Anhören wie Wellengang entgegenkamen und sich wie eine sanfte Sommerbrise in die Ohrmuschel gewindet haben. Ordentlich Hall trifft auf wummernd-schöne Bassläufe, die mit ihrer Gemächlichkeit und Eleganz im Einklang mit DeMarcos beinahe gehauchten Worten stehen. Mit Worten, die zwar stets klar vorgetragen sind, aber nie mit Druck oder Einschneidigkeit auf einem einprasseln, sondern wie Floskeln aus dem Gespräch mit einem vertrauten Freund daherkommen.

Do u love #strat? #yes. #onelove #onetele. #manyblessings #countem #thankyou @fender

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Mit seinem neusten Wurf, der eigentlich am 5. Mai das Licht der hiesigen Musikwelt erblicken sollte, doch ganz 2017-like bereits ein paar Wochen zuvor geleakt im Internet landete und sogar dem durch und durch entspannten Baseballcap-Träger etwas Zorn auf die Stirn setzte, brettert der Kanadier bereits mit seinem fünften Album daher und beweist uns, dass er zumindest in Sachen Fleiss und Output ein alter Hund ist.

Nicht dass ich dem mittlerweile in Los Angeles sonnenden Singer-Songwriter mit dem wohl buntesten Instagram-Feed der Indie-Szene keine Spannweite zugetraut hätte, vielmehr war ich über meine Unkenntnis des 26-Jährigen erstaunt. Nun, man lernt täglich dazu und ich verspreche hiermit, mich in den kommenden Sommermonaten der Diskografie dieses blumigen Künstlers mit der charmanten Zahnlücke zu widmen.

Zurück zu This Old Dog, zurück zum Kern: Nach seinem Umzug von Queens ins neue Heim an der Küste, hatte Mac eigentlich direkt vor, seine Sammlung von in New York aufgenommenen Demos nun in Kalifornien gleich auf Scheibe zu bringen. Doch neues Umfeld, neue Umstände, neue Inspiration:

«Ich hatte bereits ein komplettes Album entworfen und als ich damit an die Westküste zog, dachte ich, ich würde es nun schnell fertigstellen. Aber dann merkte ich, dass der Umzug in eine neue Stadt und der Start in ein neues Leben Zeit braucht. Es war komisch, denn normalerweise schreibe ich einfach, notiere und nehme auf, kein Problem. Aber dieses Mal schrieb ich die Songs und sie liess ihnen Zeit. Wenn so etwas passiert, lernst du die Songs erst wirklich kennen. Es war eine andere Stimmung.»

Mac DeMarco - This Old Dog

Nach zwei Alben und zwei EPs liess sich der Jizz Jazz-Begründer und Meister der langsam schwingenden Lo Fi-Melodien also Zeit und Raum, um seine auf Akustik-Gitarre und einer CR-78 Drum Machine entstandenen Demos atmen zu lassen und sowohl sich selbst, wie auch seiner Musik, Platz zur Entwicklung einzuräumen. Vielleicht steige ich als bisheriger Nicht-Hörer genau zum richtigen Zeitpunkt auf den Downtempo-Indie-Zug auf, nachdem ich trotz Konzerten in der Roten Fabrik 2014, dem Montreux Jazz Festival oder dem LongLake Festival in Lugano im letzten Jahr unverständlicherweise einen Bogen um den Hut tragenden Strahlemann gemacht habe.

Manch tätowierter, New Balance tragender Letten-Adonis aus der Grafikklasse sowie das ein oder andere SANAPA besuchende Zürich Openair-Girl mit Blumengesteck im Haar und Tumblr-Quotes im Kopf wird mir diese Verspätung punkto Klangerlebnis zwar nicht verzeihen, aber wo landen wir, wenn alle stets dasselbe hören und sich in musikalischem Einheitsbrei verlieren.

In dem Sinne: Ich höre mir brav Mac DeMarco an und ihr wagt euch an Tom Misch, Billie Eilish und Chelou – denn der Sommer ist laut dem diesjährigen Sechseläuten lange und die mit Songs zu flutenden Grillabende dementsprechend zahlreich. Deshalb abschliessend ein halbstündiges Live-Filet von La Blogothèque, das die Majestätik jedes mit Dosenbier getränkten Sonnenuntergang perfekt abrundet:

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