Self Defense Family – Colicky

«Colicky» heisst das neuste Werk von Self Defense Family. Doch das Mini-Album ist ein anstrengendes Hörerlebnis.

Colicky heisst das neue Mini-Album der Band Self Defense Family. Nur vier Lieder versammeln sich hier, geprägt durch die Stimme von Sänger Patrick Kidlon.

Eindrucksvoll präsentiert sich vor allem das Cover von Colicky. Eine Frau, den Blick abgewandt, umgeben von einer Aura der Enttäuschung. Und damit steht das einnehmende Bild stellvertretend für das Thema des Albums: den Zerfall von Liebe und Intimität.

So nackt und ungeschützt wie die Unbekannte auf der Fotografie, so entrückt klingt auch die Musik von Self Defense Family. Staying Current ist alles andere als ein leicht verdaulicher Appetizer. Sperrig, hallend und schleppend spielen sich die Musiker durch das beinahe schon unmelodische Stück.

All True At The Same Time verspricht mit einem etwas sanfteren Gitarren-Intro zwar zuerst Besserung, doch dann steigt Kidlons Stimme wieder ein. Sie bleibt irgendwie ständig deplatziert. Leidend und sich gegen Rest des Arrangement stemmend. Der Kampf ist so stark, dass es das Hören zu einem schmerzhaften Erlebnis macht.

Nach dem zweiten Track fragt man sich, ob Kidlon einfach nicht singen kann oder ob diese völlige Abwesenheit verbindender Elemente zwischen Gesang und Instrumenten zum Konzept gehört. Colicky sei in Zeiten persönlicher Unruhen entstanden, steht da im Pressetext.

Ebenso sperrig wie die vorangehenden Songs präsentiert sich dann auch It Isn’t Very Clear, Is It?, das dafür einen atmosphärisch düsteren Shoegaze-Einschlag hat. Ein Song, der tatsächlich auf seine Art und Weise bestechen kann. Böswillig könnte man das nun mit der fehlenden Präsenz von Sänger Kidlon erklären.

Doch mit Brittany Murphy In 8 Mile wird die Innovationskraft von Self Defense Family zum ersten Mal offensichtlich: Das über sieben Minuten lange Stück ist ein epochales Kuriositätenkabinett aus Noise, Punk, psychedelischem Rock und Wut. Kidlons unmotivierte Stimme kehrt zurück, doch zum ersten Mal scheint sie – zwar immer noch neben der Spur – zu passen. Kidlon, der auch die Noise Punk-Band Drug Church mitbegründet hat, spielt hier seine Stärken voll aus. Er steht im Zentrum, schreit und klagt, während sich die Instrumente im Tornado-Wirbel um ihn herum dem Rausch hingeben.

Colicky beginnt befremdend, leicht irritierend, vermag sich dann aber mit dem abschliessenden Song doch noch versöhnlich zu steigern. Trotzdem wird der avantgardistische Ansatz der Rockmusik, den Self Defense Family beanspruchen, kaum den 0815-Rocker überzeugen können. Colicky ist etwas für Mutige, die sich beherzt in ein Abenteuer stürzen mögen. Doch selbst dann, ist es ein nervenaufreibendes Hörerlebnis.

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