The Burden Remains And The Horns Of The Seven Seals – Touchstone

Das Metal-Orchester von Lokal-Thraser-Matadoren und einer Truppe aus wild zusammengewürfelten Orchestermusikern bringt ihr Baby «Touchstone» auf den Markt. Wer ein klangliches Déjà-vu der beiden Konzerte im September im Fri-Son erleben will, darf diese Gelegenheit nicht auslassen. Und die anderen schon gar nicht.

Touchstone – Prüfstein. Um das Werk wird die lyrische Parabel um König Midas gewoben, dessen Schicksal als Sinnbild für den Prüfstein der modernen Gesellschaft und mit ihr die grenzenlose Konsumlust in einer materialistischen Welt steht.

Unter der Leitung von Christoph Noth wurde das Album von The Burden Remains And The Horn Of The Seven Seals aufgenommen. Wo zur Hölle nimmt man ein 42-köpfiges Orchester auf? Dafür wurde das Konzertlokal Fri-Son mal eben kurz in ein Tonstudio umgewandelt. Die Band nahm dann ihr Soundmaterial in den Wochen danach im Studio de la Fonderie gleich in derselben Strasse auf. Raphael Bovey hat dann die rund 57 Minuten von sieben Tracks an Musik klanglich veredelt. Wie lange das gedauert hat, möchte ich nicht wissen.

Spitting On Stones

Der Auftakt zum Kriegstanz. Beginnend im Drone-Style, sanfter Stimme und mahnenden Kesselpauken. Der Körper wir einer melancholische Überdosis ausgesetzt. Ein stetiger Aufbau, von zwei-stimmigen Gesang zu Opeth-ähnlichen Zupfereien. Die ersten vier Minuten der Scheibe beinahe nur die Band. Spannung steigend, da braut sich was zusammen.

Dann beginnt es. Das Orchester setzt ein, betont die sexy Akzente eines Metalriffs und kriegt kurz darauf eine kleine Spielzeit alleine, als Übergang zur Explosion der Metal-Orchester-Welt. Die pure Kernschmelze aus Orchester und verzerrten Gitarren. Des Wahnsinns.

Zum Beginn des Songs und der Platte lässt man den Zuhörer warten. Man kann sich vorstellen, was einen erwartet, und doch lässt man gezielt aufbauen und noch gezielter mit Ach und «Krach» das Klanggebilde niederprasseln. So muss es sein und nicht anders. Damn son! Replay!

Seven Veils

Catchy Schlagzeug-Rhythmus korpuliert mit verzerrten und akzentuierten Gitarre und Bass. Das Orchester, wenn in voller Fahrt, gleicht einer Flutwelle an Klängen, welche alles mitreisst. Thrash-Riffs erhalten ordentlich damit Aufschwung. Die Riffs übrigens nicht von schlechten Eltern. Vielleicht hört der Vater auf den Namen Bill Kelliher, wer weiss?

Das Riff nach dem Breakdown beginnt nur mit den Thrashern aus Wünnewil, nach und nach schmücken die 42 Musiker des Orchesters alles aus, bis dies unaufhaltsam an Fahrt gewinnt. Ein Hoch auf den Post-Metal!

To Shoulder A World Inane

Der kracht von der ersten Sekunde an drauf los. Der kürzeste Track der Scheibe lässt keine Pause zum Luftholen. Tipp: Video reinziehen, Volumen aufs Maximum.

Gilding the Void

Durchgezogene Doublebass-Läufe mit flehendem Gesang stehen im ständigen Wechsel mit melodiösen Zwischenteilen. Da hat auch mal ein verzerrter Bass ein wenig Raum. Nach einem stetig aufgebauschten Höhepunkt folgen malerische Kompositionen aus der Feder von Dirigent Manfred Jungo. Bis zuletzt das knochenharte Thrash-Hauptriff aufgegriffen wird und die Party erneut steigen kann.

79Au

For Whom The Bell Tolls! Mit Glockenklängen und einem Orchester auf Steroiden ertönt das nächste Stück. Nach der «Vergoldung der Leere» (oder des Nichts – oder etwas in dieser Richtung) folgt der Song mit der Ordnungszahl von Aurum – von Gold. Und genau so heavy geht es hier zur Sache. Ein Riff jagt das nächste, wobei ein aufwühlendes Thema sich durch den ganzen Track und mit bewegenden Parolen einen dramatischen Schluss findet.

The Sculptor

Akzentuierung ist alles. Je mehr, desto besser. Groovy und tight beginnt der Song und wie jeder dieser Scheibe mit unglaublich vielen Details. Zudem erkennt man sogar die Gojira-typischen Slides, nur halt vom Orchester ausgeführt. That’s badass. Mit den Blasts am Ende serviert die Truppe ein lang anhaltendes Feuerwerk, garniert mit öffnender und doch brutaler Führung der Horns of the Seventh Seal. Zuletzt brüllt Hüne und Gitarrist Thomas Jenny «Only matter». Einer der Live-Momente, die man so schnell nicht vergisst. Wenn man hier Gänsehaut bekommt, ist sie verdammt männlich.

Relapse

Besonders der gesanglich bestürmende Chorus tönt leider schon das baldige Ende an. Ähnlich wie die Scheibe angefangen hat, so hört sie auf. Nach einem Nackenbrecher von einem Riff verabschiedet sich das Werk mit einsamer und ruhiger Gitarrenzupferei.

«As verhett»

Bei den rund 57 Minuten wird kein einheitliches Kamelot-Mischmasch serviert, sondern abwechslungsreiches Songwriting mit stetigem Auf- und Abbau, heftigen Metalriffs mit melodischer Überdosis von Seiten des Orchesters. Immer wieder überrascht uns die Platte mit flächigen ja schon fast post-rockigen Orchesterteilen oder der Sexyness der ausgeklügelten Thrashriffs. Ausdrucksvolle und detaillierte Kanglandschaften werden sorgsam von Band und Orchester aufgebaut, bis immense Soundwände gewaltvoll auf den Hörer niederprasseln. Mit Orchester gewinnen die Songs einerseits an Tiefe, da sich besonders in den ruhigeren Teilen der Platte gezielt ausschmücken lassen und andererseits erhalten die rockigen Parts enormen Aufschwung. Als stünde das ganze auf einem Podest. Alles wirkt mächtiger und mitreissender. Und unvergesslicher.

Ein Werk dass sich ohne Probleme zig male hören lassen kann. Es gibt so viele Details zu entdecken. Eine Scheibe, wenn Band und Orchester in voller Fahrt, eine Faust voll in die Fresse. Feuerwerk um Feuerwerk. Jeder Track hat seinen eigenen Höhepunkt. Hut ab, everybody did a goddamn good job.

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