Bild: Michelle Brügger

Ansingen gegen den Schmerz

James Morrison begeistert das Publikum im Volkshaus Zürich mit seiner rauen Stimme. Für einmal ein Konzert, bei dem selten ein Handy in der Luft zu sehen ist. Die Zuschauer tanzen, singen und geniessen die ruhige und dennoch kraftvolle Show.

Seine kratzige Stimme ist sein Markenzeichen. Den wenigsten ist bekannt, dass die Ursache in seiner Kindheit liegt, als James Morrison an lebensbedrohlichem Keuchhusten litt. Damals gab man ihm nur 30% Überlebenschancen. Gut für uns, dass er es nicht nur überlebt, sondern als Folge auch noch eine wunderbare Musikkarriere starten konnte.

Sein Privatleben ist und bleibt seit seiner Kindheit turbulent und alles andere als einfach. In den letzten vier Jahren nahm sich der charismatische Brite deshalb eine Auszeit, um sich der Familie zu widmen. Dieses Jahr veröffentlichte er sein fünftes Album You’re Stronger Than You Know und ist zurück im Scheinwerferlicht.

Was für eine Stimme

Ich erlebe seit langem wieder ein Konzert, an dem nur selten Handys in der Luft zu sehen sind. Nur bei einzelnen Songs wie zum Beispiel I Won’t Let You Go, Broken Strings und With a Little Help from my Friends filmt das Publikum und löst Begeisterungsstürme aus. Was für eine Stimme! Und die Duette mit Stephanie Sounds und Sherina White!

Bei verschiedenen Songs fordert er das Publikum auf, mitzusingen. Textsicher setzen sie bei den Refrains ein. Mehr als einmal schliesse ich verträumt die Augen, um die Musik, die Stimmung und Energie zu geniessen. 

James Morrison mit Gitarre im Volkshaus Zürich.
Bild: Michelle Brügger

Auszeit aus verschiedenen Gründen

Die vergangenen Jahre waren nicht leicht für James Morrison. Einerseits verlor er vor acht Jahren seinen Vater durch Alkohol. Wird er über seinen Verlust befragt, zieht er einen Vergleich zu denen, die einen geliebten Menschen durch eine Überdosis verlieren. Du rechnest zwar damit, aber du fühlst dich trotzdem beraubt, wenn es eintrifft. Seine Trauer versuchte er mit einer Tour zu bewältigen, was ihm jedoch nicht gelang.

Seit er 2006 mit seinem Debütalbum Undiscovered ins Rampenlicht trat, verkaufte er insgesamt über sieben Millionen Alben. Mit drei Alben war er in den Top 10, zwei davon sogar auf Platz 1. Er gewann 2007 den Brit Award für «Best British Male». Nach all diesen Erfolgen war auf einmal Schluss und er wurde bei der Plattenfirma zu drei verschiedenen A&R-Leuten weitergereicht. Dass der Plattenvertrag dann aufgelöst wurde, überraschte ihn nicht, aber traf ihn dennoch sehr hart.

Gitarrist der Band von James Morrison.
Bild: Michelle Brügger

Seine Frau Gill und er wünschten sich in der Zeit ein zweites Kind. Bevor Ada-Rose zur Welt kam, verlor Gill zweimal ein Baby. Seine zweite Tochter kam 13 Wochen zu früh zur Welt. Rückblickend bezeichnet er dies als seinen Tiefpunkt im Leben. Die Angst um die Tochter, die jeden Moment sterben oder möglicherweise blind und taub sein könnte. Ada-Rose war lange drei Monate im Spital, bevor sie nach Hause konnte. Es sei eine schwere Zeit gewesen, aber die Kleine ist zu einem normalen, glücklichen Baby herangewachsen.

Sein neustes Album widmete er seiner Frau und nannte es You’re Stronger Than You Know. Die Zeit habe sie beide stärker gemacht, veränderte seine Sichtweise auf das Leben. Er habe jetzt das Gefühl, er könne alles meistern. Es war Zeit, wieder Musik zu machen und seine Erlebnisse in das Album einfliessen zu lassen. Die Lieder sind sehr persönlich und spiegeln ihn wider. Anders als die meisten möchte er über die harte Zeit sprechen, weil sie ihm auch zu einer positiven Einstellung verhalf. Am Ende sei er wegen all diesen Erfahrungen heute da, wo er jetzt sei.

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Einer der Titel behandelt seine schwierige Kindheit und den Umgang mit dem Alkoholismus und Depressionen des Vaters. Diverse Songs sind in Zusammenarbeit mit anderen Grössen des Musikbusiness entstanden. Den Track Power schrieb er mit Adele und dem Co-Writer von Florence Welch, Eg White. Mit Gary Barlow entstand vor rund zehn Jahren So Beautiful, den er nicht so richtig mochte und deswegen auch nie veröffentlichte. Damals war er ihm zu schnulzig, heute scheint er alles zu beinhalten, was er durchlebte. Er selbst arbeitete als Songwriter für Kelly Clarkson und Demi Lovato.

Was haben Elton John und James Morrison gemeinsam?

Beide spielten zu Ehren der verstorbenen Lady Di. James Morrison spielte am Konzert anlässlich des 10-jährigen Todestages Dianas. Er bezeichnet diesen Tag als einer der besten seines Lebens.

Zu Beginn seiner Karriere spielte er auf Newquays Strassen und an Open Mic Nights in einer Irish Bar in Derby. Dort traf er auf Kev Andrews, der schon mit Simply Read arbeitete, der später seine erste Single You Give Me Something mit ihm produzierte und in den UK-Charts auf Platz 5 schoss. Es folgten Top 10-Hits wie You Make it Real und Broken Strings.

Ich mag Menschen, die schweren Zeiten etwas Positives abgewinnen können. Wenn sie dies dann auch noch in wunderbarer Musik verarbeiten und in die Welt hinaustragen, umso besser. So gelangen die Botschaften an viele Menschen, die sich in ähnlichen Situationen befinden und Hoffnung schöpfen können.

James Morrison beschliesst sein Konzert in Zürich mit dem Song Wonderful World. Das Leben ist nicht immer einfach, aber es ist lebenswert und wunderschön.

Update: In einer früheren Version schrieben wir, dass James Morrison ein Duett mit Beverly Knight sang. Das stimmte nicht, er sang Broken Strings mit Stephanie Sounds und My Love Goes On mit Sherina White.

  1. Tolles Interview und wunderschöne Fotos. Ich war auch da an der Front und war glücklich und erstaunt zugleich, dass das Schweizer Publikum so enthusiastisch mitgesungen hat. Übrigens hat er das Duett ( Broken Strings ) nicht mit Beverly Knight gesungen sondern mit seiner Backing Vocal Sängerin Stephanie Sounds und My Love Goes On mit seiner Backing Vocal Sängerin Sherina White.
    Ansonsten wurde hier sehr gut recherchiert. 👍

    1. Liebe Corina, herzlichen Dank für diesen Hinweis. Wir haben den Artikel entsprechend angepasst und die Änderungen am Ende transparent gemacht. Es freut uns sehr, dass dir der Artikel gut gefallen hat.

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