Some Things Can Last Forever

Bryan Adams versuchte bei seinem Konzert im Hallenstadion nicht, alte, nie dagewesene Höhepunkte zu imitieren, sondern zeigte ganz authentisch, wie er ist, und wie seine Musik funktioniert.

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Ein regelmässiger Gast: Bryan Adams anno 2012. (Foto: Sacha Saxer)

Vor allem die nicht eingefleischten Fans graute es vor dem Tag: Was würde dieser Ü50-Schnulzer an seinem Konzert zu vertuschen versuchen? Wie würde er es schaffen, über sein fortgeschrittenes Alter, die langsam grauen Haare, die Falten und die Kurzatmigkeit hinweg zu täuschen? Die Antwort war dann ziemlich einfach: gar nicht. Das Konzert seiner Reckless-30th-Anniversary-Tour war kein verzweifeltes Playback-Desaster, das nur fünfzigjährige Hausfrauen und ihre dazu genötigten sechzigjährigen Ehemänner geniessen konnten, sondern eine gelungene One-Man-Show, die das Zürcher Stadion fast aus allen Nähten platzen liess.

Das Beste nicht zum Schluss

Die Setlist des Kanadiers war gut zusammengesetzt: Zuerst die Songs des Albums, zu dessen Ehren diese Tour stattfindet, angehängt gleich der Hauptgewinn (Everything I Do) I Do It For You (1991), dazwischen sympathieanfeuernde Anekdoten aus dem Showbusiness. Die Reihenfolge der Songs hatte zur Folge, dass zum Beispiel Summer Of ’69 (Reckless, 1984) nicht dazu missbraucht wurden, den Abend ganz zum Ende doch noch ein bisschen zu retten, weil eh alle nur deswegen gekommen sind; Bryan Adams hatte das nicht nötig. Denn wenn man sich auch noch so bewusst ist, wie auch er ein Produkt der kommerziellen Musikbranche ist, es ist auch nicht zu bestreiten, dass er im Alter von fünfundfünfzig Jahren nichts mehr beweisen muss.

Forgotten Songs

So kann er es sich zum Beispiel erlauben, dass das Bühnenbild aussieht, als wäre das komplette Team, das fürs Aufstellen zuständig ist, an dem Tag krank gewesen, und er lässt es sich auch von niemandem nehmen, bisher unveröffentlichte Songs, die aber bereits vor dreissig Jahren zur Aufnahme bereit gewesen wären, zu spielen, als seien sie für seine Karriere von Bedeutung gewesen. Er holt keine von den wie verrückt jubelnden Frauen vor der Bühne, die sich bestimmt nicht nur den Schal ausgezogen hätten für ihn, zum Tanzen zu ihm herauf, sondern lässt die Scheinwerfer für den ganzen Song If Ya Wanna Be Bad Ya Gotta Be Good auf eine unscheinbare junge Frau auf den Sitzplatzrängen leuchten, der das ganze Hallenstadion geschlagene fünf Minuten lang per Grossleinwand dabei zuschauen kann, wie sie vollkommen unspektakulär – und vor allem zu ihrem eigenen Vergnügen – tanzt.

Wie war das noch gleich mit dem Text?

Ein absolutes No-Go waren die eingeblendeten Songtexte auf der Leinwand hinter Adams; einfach nur deswegen, weil die allerkleinste Untreue diesem in Stein gemeisselten geistigen Eigentum gegenüber einen zur Weissglut treiben kann. Fairerweise muss man aber sagen, dass die Texte längst nicht mehr sind, was sie einmal waren. Denn wie heisst es da? «I guess nothing can last forever» (Summer Of ’69); damit liegt Bryan Adams definitiv falsch.