«Wow, Züri cha singe!»

Bevor es am Silvester nochmals richtig knallte, sorgten drei Künstler am vierten Songcircle Zürich zuerst mal für ruhigere Klänge. 

Liv Summer (Foto: Sacha Saxer)
Liv Summer (Foto: Sacha Saxer)

Mit der vierten Ausgabe der aus Berlin importierten Singer/Songwriter Konzertreihe Songcircle neigte sich das Jahr mit sanften Klängen dem Ende entgegen. Abermals teilten sich drei Künstler die Bühne der Bar Rossi um während rund zwei Stunden den Besuchern ihre Musik zu präsentieren.

Den Anfang machte Liv Summer – alleine, nur mit Gitarre und Mundharmonika. Mehr brauchte sie aber auch nicht, denn ihre warme Stimme und ihr sympathischer Charakter genügten, um das Publikum auf ihre Seite zu ziehen. Mit ihrer etwas schusseligen Art – «Sorry, ich bin manchmal etwas unorganisiert» – erinnert sie an Jennifer Lawrence und kommt auch genauso charmant rüber. Ihr Set aus sechs Liedern stammte zum grössten Teil von ihrer ersten EP, die im Herbst vergangenes Jahr herausgekommen ist, enthielt allerdings auch zwei neue Titel, die man dieses Jahr sicherlich häufiger hören wird, wenn sie mit ihren Backgroundsängerinnen auf Tour geht.
Liv Summers Songs besitzen eine träumerische Qualität, entführen einen auf Reisen und lassen einen nicht mehr los. Meine Erwartungen an ihr Debütalbum wurden durch diesen kurzen Auftritt sehr hoch geschraubt.

Der Indie-Rocker Francis Balmer aus dem Engadin kam mit tatkräftiger Unterstützung nach Zürich. Er und seine Band betrachteten den Abend als Experiment, da sie ihre Songs zum ersten Mal akustisch spielten. Ein Experiment, dass eine Band aus Seattle auch schon mal erfolgreich durchgeführt hatten. Und einige der Songs nahmen mich auf eine emotionale Zeitreise in meine Kante-Zeit zurück, eine Zeit, in der Nirvana etwas vom Besten war, das die 90er zu bieten hatten. Seine Single Dear Hillary durfte natürlich auch nicht fehlen. Dass er sie mit dem Produzenten von The Cure realisieren konnte, verdankte er dem Zufall. Auf einer Backpacker-Reise wurde er von Steve Whitfield angesprochen, weil er gerade The Cure hörte. «Die jungen Leute hören sowas nur noch selten.», soll er ihm gesagt haben und am Ende des Gesprächs hatte Francis eine Einladung ins Studio in der Tasche. Sein Debütalbum kommt diesen Sommer bei Ambulance Recordings heraus und wird bestimmt seinen Weg zu Negative White finden.

Zum Abschluss des Abend gab es eine besondere Band. Nellys Lucky Number überraschten mit mehrstimmigem Mundartgesang. Die anfängliche Nervosität – die fünf Damen standen zum ersten Mal auf der Bühne – verflog rasch und machte der Musik Platz. Was besonders für den Charme von Nelly spricht, ist die Tatsache, dass sie es problemlos schaffte, das Zürcher Publikum zum Mitsingen zu bewegen.
Der Mundart-Rock mit Country und Blues Einschlägen klingt erfrischend anders und wirkt wunderbar authentisch. Eine sehr interessante Band, die gerade an ihrer ersten EP arbeitet. Wenn sie die Leidenschaft von der Bühne auf die CD transportieren können, kann man sich auf eine schöne EP freuen. Ich hoffe, dass auch Sing, ihr einziger Englischsprachiger Song an diesem Abend, darauf zu finden sein wird – und auch das herrliche Gitarrensolo. Ein rundum gelungener erster Auftritt.

Damit geht das erste Jahr des Songcircle Zürich zu Ende. Ein spannendes Format, dass Singer/Songwriter eine Platform in Zürich bietet und ihnen auch zu Auftritten am Songcircle Berlin verhilft. Weitere Städte sind in Planung. Auch für die Zuhörer lohnt sich ein Besuch immer, denn so viel Musik für so wenig Geld kriegt man mit einer solchen Regelmässigkeit sonst nirgends geboten. Fans dieser Art von Musik sollten sich den letzten Mittwoch des Monats fett anstreichen.

Der nächste Songcircle findet am 27. Januar statt. Mit dabei sind: Johanna Amélie (D) & Trinidad Doherty (CHL), Dallan (CH) und Andrea Wellard (CAN). Achtung: Der Songcircle findet neu im Bagatelle 93 statt!

Fotos: Sacha Saxer